18. Aug. 2022 · 
Umwelt

Umweltministerin Lemke: Wir müssen prüfen, ob wir die Kernkraft brauchen

Julia Willie Hamburg (von links), Sven-Christian Kindler und Steffi Lemke. | Foto: Link

Sollen die drei Kernkraftwerke, die nach den bisherigen Vorgaben Ende des Jahres abgeschaltet werden sollen, doch noch drei Monate länger laufen? Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hat am Donnerstag bei einem Wahlkampfauftritt in Hannover betont, dass maßgeblich für die Antwort auf diese Frage der „Stresstest zur Energieversorgung“ sein wird, den Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vorbereitet. „Nach meiner Meinung brauchen wir die Laufzeitverlängerung der drei Atomkraftwerke nicht. Trotzdem müssen wir überprüfen, wie wir vernünftig über den nächsten Winter kommen können“, betonte Lemke.

Sie persönlich denke, man sollte möglichst „es so lassen, wie es vereinbart worden ist“. Der im Auftrag des Habeck-Ministeriums durchgeführte Stresstest diene aber der Antwort auf die Frage, ob ausreichend Gas im Speicher ist, ob genügend andere Formen der Energieversorgung vorhanden sind, um damit die nächsten Monate überbrücken zu können. Auch die Netzwerkstabilität spiele eine Rolle. Dabei seien viele Fragen einzubeziehen, auch die, ob wegen des Niedrigwassers im Rhein die Kohle-Schiffe nicht mehr fahren können und damit auch dieser Zweig der Energieversorgung wegbricht. „Energiesicherheit und Netzwerkstabilität“ würden beim Stresstest untersucht.

Auf Nachfragen aus dem Publikum fügte Lemke hinzu, in der Klärung dieser Frage müssten auch die näheren Umstände der drei Kernkraftwerke einbezogen werden. So sei eine 2019 eigentlich anstehende periodische Sicherheitsüberprüfung nur deshalb ausgesetzt worden, da einige Jahre später das Ende der Stromproduktion fest anvisiert war. Schon das sei eine Ausnahmeregelung gewesen und müsse jetzt mit abgewogen werden. Die Bundesregierung habe sich aber deshalb auf die Untersuchung der Frage einer Laufzeitverlängerung um drei Monate eingelassen, weil die bayerische Staatsregierung Alarm geschlagen und von einem drohenden Blackout bei der Abschaltung des AKW Isar II gesprochen habe.

„Und wenn die bayerische Regierung sagt, es drohe ein Blackout, dann müssen wir das auch ernst nehmen.“ Lemke fügte hinzu, ihrer Ansicht nach sei der Anteil des AKW-Stroms, den man sich von einer längeren Laufzeit verspreche, auch über Energieeinsparungen zu erwirtschaften. Die Atomkraftwerke seien vermutlich nicht entscheidend für die Absicherung der deutschen Energieversorgung. Dies müsse nun aber genau analysiert werden.

Die Grünen-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl, Julia Hamburg, nahm gegen eine Renaissance der Kernenergie Stellung. „Das einzige, was an der Atomkraft sicher ist, ist das Risiko“, sagte sie. Von der Bundesregierung forderte Hamburg eine „neue Straßenverkehrsordnung“, die stärker auch auf die Belange der Radfahrer abhebe. Der Bundesverkehrswegeplan müsse „neu bewertet werden“. „Ich kann auch nicht versprechen, dass dann die A20 nicht mehr gebaut wird oder der Ausbauplan für den Südschnellweg geändert wird“, sagte Hamburg. Aber ein Verkehrsminister von den Grünen in Niedersachsen könne gemeinsam mit Hannovers OB Onay ganz anders in Berlin beim Bundesverkehrsminister auftreten und auf Reformen drängen. Gegenwärtig zeichne sich Verkehrsminister Bernd Althusmann (CDU) dadurch aus, dass er die Initiativen des hannoverschen OB für eine Verkehrswende blockiere und mit Verboten agiere.

Hamburg warb dafür, mit der Landtagswahl in Niedersachsen die Basis für „ein Zwei-Parteien-Bündnis“ zu schaffen, denn in Berlin sehe man gerade, dass „ein Bündnis aus drei Parteien auch kein Allheilmittel ist“. Bundesumweltministerin Lemke sagte, sie setze sehr stark auf eine Regierungsbeteiligung der Grünen nach der Landtagswahl in Niedersachsen. Einen Hinweis darauf, ob das an der Seite der SPD oder der CDU sein soll, verkniffen sich sowohl Hamburg wie auch Lemke. Lemke meinte, Niedersachsen benötige „ein grün geführtes Verkehrsministerium, ein grün geführtes Umwelt- und ein grün geführtes Agrarministerium“ in Hannover. Nur dann sei eine gute Kooperation mit den Ressorts auf der Bundesebene vorstellbar.

Dieser Artikel erschien am 19.8.2022 in Ausgabe #142.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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