Wenn am kommenden Sonntag Landtagswahlen wären, würde sich gegenüber dem Wahlergebnis von Oktober 2022 nur wenig verschieben. Allerdings könnten die Konsequenzen erheblich sein, wie eine Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach (IfD) im Auftrag der Drei-Quellen-Mediengruppe (3QM) belegt: Die SPD käme auf 32 Prozent (minus 1,4 Prozent gegenüber der Landtagswahl), die CDU auf 29 Prozent (plus 0,9 Prozent), die AfD auf 14 Prozent (plus 3 Prozent) und die Grünen hätten 13 Prozent (minus 1,5 Prozent). Die FDP wäre bei 5 Prozent.

Volker Schmidt stellt die Ergebnisse der Allensbach-Studie „Niedersachen 2023“ vor. | Foto: Marcus Prell

„Damit hätte Rot-Grün keine Mehrheit mehr“, sagte Volker Schmidt, Geschäftsführer von 3QM. Er geht ziemlich sicher davon aus, dass die Freien Demokraten den Sprung über die Fünfprozenthürde diesmal schaffen würden. Das IfD habe nämlich in einer zweiten Umfrage erforscht, welche alternative Partei zu ihrer eigentlichen Wahlentscheidung die Leute ankreuzen würden – und da sei die FDP auf Landesebene zwischen 9 und 10 Prozent gelandet. 

„Stephan Weil ist ein Stabilitätsanker in unruhigen Zeiten, die große Mehrheit der Bürger ist mit seiner Arbeit zufrieden.“

Volker Schmidt

Das Allensbach-Institut hat zwischen Mitte Mai und Ende Juni insgesamt 1101 volljährige Niedersachsen nach ihren Einstellungen zu politischen Sachfragen und nach ihrer Parteienpräferenz befragt. Dies geschah über eine Face-to-Face-Befragung, also in persönlichen Gesprächen. Nach den Worten von Schmidt wurde deutlich, dass die Befragten sehr deutlich zwischen der Bundes- und der Landespolitik unterscheiden. Während das Vertrauen in die traditionellen Volksparteien SPD und CDU/CSU auf Bundesebene bei zusammen weniger als 50 Prozent liege, seien die Verhältnisse in Niedersachsen anders.

Auf die Frage, welche Partei am besten für eine gute Zukunft sorgen könnte, gaben 34 Prozent die SPD an. Unter den potenziellen Wählern der Sozialdemokraten liegt der Wert sogar bei 79 Prozent. Die CDU nannten 26 Prozent, wobei in der eigenen Anhängerschaft der Wert bei 69 Prozent rangiert. Laut Schmidt ist es der Niedersachsen-SPD gelungen, sich vom Negativtrend der Bundespartei abzukoppeln, und das liege vor allem an der Zugkraft von Ministerpräsident Stephan Weil. In allen Altersgruppen dominiere die SPD, und stark sei die Partei vor allem bei den Menschen, die älter als 60 sind. „Stephan Weil ist ein Stabilitätsanker in unruhigen Zeiten, die große Mehrheit der Bürger schätzt ihn und ist mit seiner Arbeit zufrieden.“

Auch der Bekanntheits- und Beliebtheitswert wichtiger Landespolitiker wurde in der Umfrage gemessen. Hinter Weil (Bekanntheit 90 Prozent/Beliebtheit 65 Prozent) landet Wirtschaftsminister Olaf Lies auf Platz zwei (48/28), ihm folgen SPD-Fraktionschef Grant Hendrik Tonne (44/20), Innenministerin Daniela Behrens (39/22), Kultusministerin Julia Hamburg (30/11), CDU-Fraktionschef Sebastian Lechner (24/11), Sozialminister Andreas Philippi (24/11), Grünen-Fraktionschefin Anne Kura (15/4) und Finanzminister Gerald Heere (12/4).

Nach den Worten von Schmidt spiegelt sich auch in diesen Landeszahlen die wachsende Verunsicherung der Menschen wider. „Die Sorgen der Menschen wachsen: Können sie ihre Wohnung noch bezahlen? Werden die Energiekosten ausufern? Fast die Hälfte aller Befragten fühlt sich von den Problemen überfordert – und unter denen, die AfD wählen, sind es sogar 70 Prozent. Sie befürchten, von den Entwicklungen überrollt zu werden.“

Seit 2020 jage eine Krise die andere, und dies hinterlasse Spuren. Man spüre Defätismus und mangelnde Zuversicht. „Anders als nach den früheren klassischen Konjunkturkrisen spürt die Bevölkerung, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland derzeit tektonischen Verschiebungen ausgesetzt ist. Das Selbstvertrauen, Deutschland werde sich schon irgendwie an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen, so wie es früher immer geklappt hat, scheint nicht mehr vorhanden zu sein.“ Auch die Mittelschicht sei betroffen, viele Menschen meinten, ihr über Jahre erarbeiteter Wohlstand drohe verloren zu gehen.

Kernenergie weiter im Trend

59 Prozent der Befragten sagten, in der derzeitigen Situation seien sie für eine weitere Nutzung der Kernkraft als Energiequelle, nur 23 Prozent halten dies für nicht notwendig. Auch 51 Prozent der SPD-Anhänger und 58 Prozent der Anhänger der Linkspartei seien für die Option Kernkraft, allerdings nur 18 Prozent der Grünen-Anhänger. Dazu Schmidt: „Wenn erst im Juni dieses Jahres 35 Prozent des nach Deutschland importierten Stroms aus ausländischen Kernkraftwerken stammt, hier aber die Kernkraftwerke vom Netz genommen werden, verstehen das die Leute nicht.“ 


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Neue Kraftstoffe gefordert

Laut Umfrage befürworten 61 Prozent den Plan, synthetische Kraftstoffe für die Nutzung von Diesel- oder Benzinmotoren zu entwickeln, nur 14 Prozent der Niedersachsen lehnen dies ab. Diese Einstellung herrsche unabhängig von der parteipolitischen Präferenz. Die Technologieoffenheit werde befürwortet und eine Verengung auf die E-Mobilität abgelehnt, berichtet Schmidt.

Vorbehalte gegen die E-Mobilität

Während im September 2021 noch 30 Prozent angegeben haben, sich für den Kauf eines E-Autos zu interessieren, ist dieser Wert in der Umfrage jetzt auf 25 Prozent gesunken. Für die meisten Befragten ist der Anschaffungspreis eines E-Autos zu hoch, viele haben zudem Sorge, das Fahrzeug habe nur eine begrenzte Reichweite. Das schlecht ausgebaute Ladesäulen-Netz erschwere die Situation, zudem sei der Strom deutlich teurer geworden, der Ladevorgang dauere zu lange und die Batterien seien nicht ausgereift. Die angeblich positive Umweltbilanz werde zunehmend hinterfragt.

„Es reicht eben nicht, nur ein Ziel zu formulieren – etwa das, 15 Millionen E-Autos bis 2030 auf die Straße zu bringen. Ein Ziel ist nicht die Lösung, die Politik sollte schon auch den Weg dahin genau beschreiben können“, sagt Schmidt. Dass es einen Boom an E-Autos in China gebe, liege auch daran, dass dort vor allem Kleinwagen für den innerstädtischen Verkehr gebaut werden. In Deutschland aber hätten sich die Hersteller für große Fahrzeuge entschieden.


Hinweis:

Christian Meyer, Umweltminister, ist wegen einer Panne in der aktuellen Allensbach-Umfrage zur Popularität von Landespolitikern nicht erwähnt worden. Das Politikjournal Rundblick hatte über die Umfrage, die im Auftrag der Drei-Quellen-Mediengruppe (3QM) erstellt wurde, in der Donnerstag-Ausgabe berichtet. Vom Institut für Demoskopie Allensbach (IfD) war zuvor ein Ranking zur Bekanntheit und Beliebtheit der wichtigsten Landespolitiker erstellt worden. Durch einen Kommunikationsfehler zwischen DQM und IfD wurde bei der Umfrage leider versäumt, Meyer in die Liste der abgefragten Politiker aufzunehmen. Die Drei-Quellen-Mediengruppe bedauert diesen Fehler und entschuldigt sich dafür.