1. Sept. 2019 · 
Bildung

Tonne appelliert an die Eigenverantwortung der Schüler

„Würden Sie Ihren Kindern für eine ‚Fridays for future‘-Demonstration eine Entschuldigung schreiben?“, fragt Niklas Steenken Kultusminister Grant Hendrik Tonne. „Das ist sehr einfach, so eine Entschuldigung gibt es von mir nicht“, erwidert Tonne. Wer für sich die Entscheidung treffe, auf eine Demonstration am Freitagvormittag zu gehen, trage auch selbst die Konsequenzen. Er respektiere diese Entscheidung, aber es müsse auch selbst die Verantwortung übernehmen. Steenken ist einer von rund 20 Schülerzeitungsredakteuren aus ganz Niedersachsen, die am Freitag bei einer Schüler-Pressekonferenz in Hannover den Kultusminister befragen. https://soundcloud.com/user-385595761/wurden-sie-ihren-kindern-fur-eine-fridays-for-future-demo-eine-entschuldigung-schreiben Auf die Klimabewegung „Fridays for future“ geht Tonne gleich zu Beginn der Pressekonferenz ein. Er lobt, dass sich junge Menschen klar positionierten  und ihre Erwartungshaltung an die Politik deutlich machten. „Wir sind gut beraten, diese Kritik ernst zu nehmen“, sagt der Kultusminister. Die Debatte habe auch Bewegung in die politische Diskussion gebracht. Bei allem lobenswerten Engagement gebe es aber dennoch eine Schulpflicht, die er für niemanden aussetzen könne. Wer zur Demo gehe, fehle deshalb unentschuldigt. „Das gilt auch in Zukunft, das können wir nicht verändern. Dennoch erleben wir Schulen, die ihre Möglichkeiten vorbildlich nutzen, um das Anliegen der Schüler zum Beispiel über Projekttage und Exkursionen in den Unterricht einzubringen.“ ^1Tonne appellierte in der Pressekonferenz auch an die Eigenverantwortung der Schüler. „Ich respektiere es, wenn sich jemand am Freitagvormittag auf dem Marktplatz für mehr Klimaschutz, bessere Ernährung und mehr Tierwohl einsetzt. Wer aber danach in ein Fast-Food-Restaurant geht, der setzt sich in einen Widerspruch.“ Dasselbe gelte für diejenigen, die für Klimaschutz demonstrierten und sich mit dem Auto zur Schule fahren ließen. „Das müsste nicht nur anders gehen, dass muss anders gehen, wenn wir Fortschritte erreichen wollen.“
Leider ist es fast in jeder Unterrichtsstunde so, dass entweder die Technik nicht funktioniert oder die Lehrer nicht wissen, wie sie mit der Technik umgehen sollen.
Der Themenkatalog der Schüler ist breit, geht weit über die Klimaschutz-Demonstrationen hinaus. An diesem Freitag geht es im Raum der Landespressekonferenz um Mobbing in der Schule, vegetarisches Essen in Kantinen, verpflichtende Impfungen und auch immer wieder um die Digitalisierung. Nicole Käfer fragt, wann es denn endlich ein Curriculum für Informatik und die entsprechenden Lehrer an den Schulen gebe. Man habe in diesem Jahr beschlossen, Informatik als Pflichtfach in den Klassen 5 bis 10 einzuführen, antwortet Tonne. „Das ist der Beschluss. Jetzt fangen die Herausforderungen an: wie bekommen wir ausreichend Lehrkräfte? Wie bereiten wir es vor?“ Man wolle noch in diesem Jahr in eine verstärkte Aus- und Fortbildung einsteigen. Das werde aber drei Schuljahre in Anspruch nehmen. Dann werde man rückwärtslaufend von der 10. Klasse an Informatik einführen und es regulär im Stundenplan verankern. Tonne spricht von einem Henne-Ei-Problem: „Müssen wir erst das Fach einführen und bekommen dadurch die Fachlehrer oder  brauchen wir erst die Fachlehrer, um dann das Fach einzuführen?“ Jetzt habe man sich mit dem Beschluss für einen Weg entschieden. Die Digitalisierung der Schulen beschreibt Tonne als Prozess und verweist auf den Masterplan Digitalisierung. Ergebnisse werde man nicht gleich morgen sehen, stattdessen soll es nach und nach bessere Bedingungen geben. Schülerzeitungsredakteur David List hatte zuvor die aktuelle Situation in seiner Schule beschrieben: „Leider ist es fast in jeder Unterrichtsstunde so, dass entweder die Technik nicht funktioniert oder die Lehrer nicht wissen, wie sie mit der Technik umgehen sollen.“

Warum ging Tonne in die SPD?

Der Kultusminister muss an diesem Nachmittag auch eine Frage zu seiner Parteimitgliedschaft beantworten. „Warum sind Sie eigentlich bei der SPD und nicht bei den Grünen oder der CDU“, will  Emma Holboer wissen. Er habe sich schon zu Schulzeiten für Politik interessiert und erinnert sich an die Bundestagswahl 1994. „Da habe ich mich mit den Wahlprogrammen intensiv auseinandergesetzt und wollte mich engagieren. Dabei konnte mich mit dem Grundsatzprogramm der Sozialdemokraten mit den Grundwerten Freiheit, Gerechtigkeit, Solidarität sehr gut identifizieren.“ Hinzu kam eine familiäre Vorprägung. Auch seine Großväter hätten sich schon in der SPD engagiert. Einige Fragen über seine Familie und seine Kinder will Tonne lieber nicht beantwortet. Man müsse Privatleben und Dienstliches trennen. Eines verrät er allerdings: „Ich unterhalte mich zuhause mit meinen Kindern ganz selten über Politik.“
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #150.
Martin Brüning
AutorMartin Brüning

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