Die Nachricht kam recht überraschend an einem Freitagnachmittag, kurz vor dem Start ins Wochenende: Die bisherige Tierschutzbeauftragte des Landes, Michaela Dämmrich, geht in den Ruhestand – und Agrarministerin Miriam Staudte (Grüne) hat eine Nachfolgerin berufen, die Veterinärmedizinerin Julia Pfeiffer-Schlichting. Sie freue sich, sagte die Ministerin am 3. Mai, dass sie „eine ausgewiesene Fachfrau für das verantwortungsvolle Amt der Landestierschutzbeauftragten gewinnen konnte“. Das klingt so, als wenn nach intensiver Suche unter vielen guten Kandidaten die beste Bewerberin ausgewählt werden konnte. Doch es gibt nun Zweifel, dass die Suche tatsächlich so ausgedehnt war. Vielmehr gibt es Hinweise auf eine schon von langer Hand geplante Besetzung der Position mit der Bewerberin. Das ist nicht rechtswidrig, sondern kommt in der Landesverwaltung immer wieder vor. Aber dieses Vorgehen entwertet den Sinn der Ausschreibung – nämlich den Versuch, die besten Kräfte für eine Bewerbung zu gewinnen.

Auf Anfrage des Politikjournals Rundblick erklärt das Agrarministerium, es habe eine Ausschreibung gegeben und es hätten sich auch mehrere Bewerber gemeldet. Dennoch reagieren selbst Agrarexperten überrascht auf den Wechsel. Groß herumgesprochen hatte sich die Suche nach der Dämmrich-Nachfolge offenkundig nicht. Die Ausschreibung selbst ist offenbar auf niedrigem Niveau gehalten worden, anders als etwa vor wenigen Monaten, als ein neuer Landesbehindertenbeauftragter gesucht worden war.
Nun liegt die Vermutung nah, dass dies absichtlich geschah, da Pfeiffer-Schlichting intern schon ausgeguckt worden war. Sie war bis Ende März dieses Jahres Leiterin des „Fachdienstes Veterinärdienst und Lebensmittelüberwachung“ beim Landkreis Lüneburg und wurde nach A16 besoldet. Dann wurde sie auf eigenen Wunsch vom Landkreis zum Land versetzt auf die Position einer Vize-Leiterin des Referates 205 (Futtermittelüberwachung). Mit diesem Schritt war sie zum 1. April dieses Jahres im Landesdienst – und hatte damit eine gute Basis für die Bewerbung zur Tierschutzbeauftragten, deren Stelle zum 1. Mai 2024 frei wurde, also vier Wochen später. Da dieses Amt ebenfalls nach A16 besoldet wird, bedeutet der Aufstieg von Pfeiffer-Schlichting für sie keine Gehaltsverbesserung – wohl aber einen Sprung in eine wichtige Position. Es gibt Hinweise, dass ihre Stelle als Vize-Referatsleiterin, die sie nur wenige Wochen bis zur Beauftragten-Berufung innehatte, zuvor gar nicht ausgeschrieben war. Ist sie also mit einem Trick in die Landesverwaltung gehievt worden?
Laut Agrarministerium ist die Tierschutzbeauftragte unabhängig. „Sie berät die Landesregierung bei Tierschutzfragen, ist Ansprechperson für Bürger, Verbände und Tierhalter.“ Ihre Expertise sei auch gefragt, wenn Rechts- und Verwaltungsvorschriften zum Tierschutz formuliert werden sollen. Was die Unabhängigkeit angeht, dürfte Pfeiffer-Schlichting allerdings mit einigen Vorurteilen zu kämpfen haben. Sie ist Grünen-Ratsfrau im Stadtrat von Bad Bevensen (Kreis Uelzen), außerdem wird sie auf der Website des Vereins „Tierärzte für verantwortbare Landwirtschaft“ (TfvL) noch als Pressesprecherin erwähnt. Dieser Verein wirbt für einen „Systemwechsel hin zu regionaler, naturerhaltender Landwirtschaft in bäuerlichen Strukturen“. Im Mai 2023 hatte die Tierschutzorganisation „Aninova“ geheime Videoaufnahmen aus Schweineställen in Nordrhein-Westfalen angefertigt und darauf Verstöße gegen den Tierschutz dokumentiert. Pfeiffer-Schlichting und eine Kollegin von TfvL hatten auf Bitten der Tierschutzorganisation die Hinweise begutachtet und Mängel festgestellt – woraufhin „Aninova“ eine Strafanzeige stellte.