TagesKolumne: Woche der Gerechtigkeit
Fühlen Sie es? Ich fühle es nicht, muss ich gestehen. Aber im Kalender der Landesregierung steht es, und das ist ja schon ein hoffnungsvolles Zeichen. Diese Woche ist die „Woche der Gerechtigkeit.“ Ist es gerecht, wenn man irgendwo geboren wurde, wo man erst ein tückisches Meer überwinden muss, um in Sicherheit zu leben – und am anderen Ufer liegt ein Land, wo die Verantwortlichen nicht glauben, dass Menschenrechte auch für Flüchtlinge gelten? Ist es gerecht, wenn man in diesem Land am Meer Verantwortung trägt, in das ständig Hilfesuchende strömen, und man kann sie nicht weiterverteilen? Und ist es gerecht, dass mit diesen Hilfesuchenden jetzt Politik gemacht wird, wo AfD und BSW mit dem Thema Migration die etablierten Parteien vor sich hertreiben?
Alle diese Fragen können Sie sich bei der Lektüre des heutigen Rundblicks stellen. Ich greife Ihnen da nicht vor und verrate nur so viel, dass die Regierungssprecherin grundsätzliche Zustimmung zu einer Forderung der Union signalisiert hat: Asylbewerber sollen schon an der Grenze abgewiesen werden. Aber darum soll es gar nicht gehen bei der „Woche der Gerechtigkeit“. Vielmehr wollen sich Gerichte und Justizbehörden bürgernah zeigen. Im Amtsgericht Braunschweig spielten Schülerinnen und Schüler eine Modell-Gerichtsverhandlung. In der JVA Vechta weihte Justizministerin Kathrin Wahlmann die neue Zentralküche ein, in der künftig frisch und gesund für Gefangene gekocht werden soll.
Gesundes Essen ist ja sonst eher ungerecht verteilt. Deswegen hat mich die gute Nachricht aus Vechta schon ein kleines bisschen mit dieser Woche versöhnt. Das Prinzip, nach dem die neue Knastküche arbeitet, heißt übrigens „Cook and Chill“. Ist das ein Zeichen? Nach Messermorden und AfD-Triumphen ist die Stimmung im Land bei „Cook“. Die Woche der Gerechtigkeit wäre doch ein guter Anlass, auch bei schwülen Temperaturen in den Chill-Modus zu schalten.
Gerechtigkeit in der Wirtschaft ist ein kompliziertes Thema. Schnell landet man bei der Frage: Darf, soll, muss der Staat sich einmischen? Der Rundblick-Wirtschaftschef Christian Wilhelm Link hat sich die Standort-Studie von IW Consult im Auftrag von Niedersachsen-Metall noch einmal näher angesehen, über die wir schon am Dienstag berichtet haben. Die Experten kommen zu dem Schluss: ja, und wie! Und zwar nicht nur mit Steuersenkungen und Entlastungen, sondern auch beim Identifizieren und Erschließen neuer Geschäftsfelder. So viel Kreativität trauen Ökonomen dem Staat nicht immer zu. Und apropos: Auch die Kreativität ist in Niedersachsen ungerecht verteilt, wie die Studie zeigt. Die meisten Patente pro Einwohner werden in Gifhorn angemeldet. Hätten Sie es geahnt?
Wir waren zwar nicht in Gifhorn, aber trotzdem kreativ und verraten Ihnen heute:
- Was es heißt, wenn Erneuerbare Energien erwachsen werden.
- Wer die neue Diakonie-Vorständin ist.
- Warum die Entwicklung bei der Stiftung Schloss Marienburg spannender ist „Maxton Hall“.
Ich wünsche Ihnen einen Donnerstag mit mehr „chill“ als „cook“.
Ihre Anne Beelte-Altwig
Dieser Artikel erschien am 05.09.2024 in der Ausgabe #153.
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