18. Juni 2025 · 
TagesKolumne

TagesKolumne: Voll auf die Ferse!

Ich war begeistert. Die Kollegin hatte mir ihren Zahnarzt empfohlen, und sie hatte nicht zu viel versprochen: Freundlich, schnell, unkompliziert. „Aber Vorsicht!“, warnte sie: „Sein Kryptonit ist: Die Dinge, die er einsetzt, fallen wieder heraus.“ Kryptonit? Da musste ich passen. In der Lebensphase, in der Leute sich für Superhelden-Comics begeistern, habe ich eher für griechische Mythologie geschwärmt. Was eine Achillesferse ist, hätte ich gewusst. So etwas wie ein wunder Punkt, nur gefährlicher. Der Kryptonit, erfuhr ich, ist der Achillesferse gar nicht so unähnlich: etwas, was Superman seit frühester Kindheit mit sich herumschleppt und was für ihn paradoxerweise – oder gerade deswegen? – die größte Gefahr darstellt. Das mysteriöse Mineral, das seine Superkräfte schwächt, stammt von seinem Heimatplaneten Krypton und ist mit dem gleichen Meteoritenschwarm auf die Erde gekommen, der auch Baby-Superman hergebracht hat. Baby-Held Achilleus dagegen wurde von seiner Mutter kopfüber in den Fluss getaucht, der die Grenze zur Totenwelt markiert, was ihn unverwundbar machen sollte. Verletzlich blieb allerdings die Stelle an der Ferse, wo sie ihn festgehalten hatte. Gruselig, oder?

Aua! Achilleus wurde an der Ferse getroffen. Skulptur im Garten des Schlosses Achíllion auf Korfu. | Foto: Beelte-Altwig

Warum mir das heute einfällt? Einerseits, weil die Krone jetzt tatsächlich herausgefallen ist und genauso freundlich, schnell und unkompliziert wieder eingesetzt wurde. Aber das interessiert Sie vielleicht weniger. Bedenkenswert an den Kryptonit- bzw. Fersen-Geschichten der Menschheit finde ich, dass offenbar die größten Probleme von Zuhause kommen. Und die größten Schwachstellen begleiten einen ein Leben lang. Vielleicht behalten Sie es im Hinterkopf, wenn Sie gleich lesen, wie Klaus Wallbaum den langjährigen Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Landkreistages, Hubert Meyer, in den Ruhestand verabschiedet. Meyer hat sich neunzehn Jahre lang damit herumgeschlagen, dass das Land den Kommunen immer neue Aufgaben aufgebürdet hat, ohne für eine auskömmliche Finanzierung zu sorgen. Hilfreich könnte in dieser Situation sein, Landkreise zu fusionieren und zu leistungsfähigen Großverwaltungen zu machen. Doch dagegen gab es heftigen Widerstand. Wer noch mal einen Blick wahlweise ins zerfledderte Superman-Heft oder in eine staubige Ausgabe der „Sagen des klassischen Altertums“ wirft, wird vielleicht auf die Idee kommen: Das größte Problem sind nicht die Schnösel/Schnorrer/Spießer/Scheinheiligen aus dem Nachbarkreis, das Problem ist längst schon bei uns.

Im Rundblick nehmen wir uns wie gewohnt die wunden Punkte der Landespolitik vor:

  • Projektförderung ist der Kryptonit vieler Initiativen, die sich gegen dauerhafte Probleme engagieren. Umweltminister Christian Meyer wollte es anders machen und wurde vom Landesrechnungshof dafür gerügt. Dagegen wehrt er sich.


  • Eine Art Meteoriten-Schwarm geht derzeit auf die Beamten des Landes nieder: Erst die Verschärfung der Disziplinarordnung, dann hagelt es wohl bald Ablehnungen an diejenigen, die Widerspruch gegen ihre Gehaltsabrechnungen eingelegt haben.


  • Mit Hubert Meyer geht ein Diplomat und nüchterner Beobachter. Wird Joachim Schwind, sein Nachfolger an der Spitze des Landeskreistages, reformfreudiger sein?

Nehmen Sie sich heute in Acht vor Meteoritenschwärmen und Bädern in obskuren Flüssen!

Ihre Anne Beelte-Altwig

Dieser Artikel erschien in Ausgabe #113.
Anne Beelte-Altwig
AutorinAnne Beelte-Altwig

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