Rot-Grün galt lange Zeit als das letzte Zweierbündnis der Bundesrepublik, das frank und frei als Wunschkoalition bezeichnet werden konnte. Denn seien wir ehrlich: Schwarz-Gelb hat diesen Status irgendwann zwischen 2009 und 2013 unwiederbringlich verloren. Sozialliberale Realitäten sind schon lange davor zerbrochen. Und auflebende schwarz-grüne Träumereien wurden nun in Hessen überraschend wieder begraben.
Aber Rot-Grün, da lebt noch was, das hat Esprit und einen Hauch von Harmonie. Und zumindest in Niedersachsen tut man auch alles dafür, dass dieser Eindruck nicht getrübt wird – etwa durch gemeinsame Auftritte der rot-grünen Zugpferde Olaf Lies und Christian Meyer, die gefühlt noch jeden Spatenstich zu einem Energiewendeprojekt gemeinsam vorgenommen haben.

Rot-Grün löppt also. Wichtig scheint allerdings zu sein: Umgekehrt gilt das Ganze schon nicht mehr.
Wie man im Rathaus der Landeshauptstadt seit geraumer Zeit beobachten kann, kriselt es zwischen Grün und Rot gewaltig – und zwar nicht erst seit Grünen-OB Belit Onay einen medialen Vorstoß zur Mobilität in der Innenstadt gewagt hat. Weitet man den Blick, wirkt es fast so, als suchte die Hannover-SPD verzweifelt die Sollbruchstellen, an der das ungeliebte Bündnis brechen könnte. Ob nun Frauen im Bruchmeisterkollegium oder ein Deal für freie Straßen mit den Klimaklebern der „Letzten Generation“ – egal, wo Onay sich öffentlich vorwagt, sein Bündnispartner findet’s schon mal doof.
Wie sehr diese Miesepeter-Stimmung auf die Stadtgesellschaft abzufärben scheint, konnte man exemplarisch in der vergangenen Woche beobachten. Da kam es zum Auto-Stau rund um den Konsumtempel Ernst-August-Galerie. Der Schuldige war schnell gefunden: Das kann nur an Onay und seinem Innenstadtkonzept liegen! Wahrlich bemerkenswert, wie ein Konzept, das noch nicht einmal beschlossen und schon gar nicht umgesetzt ist, schon jetzt dazu führt, dass sich der motorisierte Individualverkehr in den Gassen der Landeshauptstadt selbst im Weg steht…

Schuld am Auto-Stau war übrigens eine defekte Ampel.
Apropos defekte Ampel. Nicht nur auf den Fluren des Rathauses murmelt man leise das Wort GroKo und spekuliert über einen Koalitionsbruch. Auch im Deutschen Bundestag gibt es Sollbruchstellen-Suchbewegungen. Hier ist es nun eher die FDP, die das Weite sucht. In Hannover, welch Ironie, wäre es dann voraussichtlich die FDP, die es bräuchte, um Rot-Schwarz die ausreichende Mehrheit zu bringen.
Spannende Zeiten also auch für die Freien Demokraten. Doch hat die Partei gerade nicht andere Sorgen? Aus dem Landtag sind sie rausgeflogen, in Berlin regieren sie derweil mit, was an der Basis nicht allein gefallen zu scheint. Wie es um die Stimmung an der niedersächsischen FDP-Basis bestellt ist, weiß eine Frau ganz besonders gut: Imke Haake, neue Generalsekretärin ihrer Partei, tourt seit Wochen durchs Land und besucht einen Kreisverband nach dem anderen. Welche Impulse sie von dort mitnimmt, verrät sie im Rundblick-Interview.

Unsere heutigen Themen auf einen Blick:
• Radverkehr: Der ADFC konnte sich in den vergangenen Jahren über viel Zulauf freuen. Was der inzwischen deutlich politisierte Verein jetzt vom Land verlangt, verrät der Landesvorsitzende Rüdiger Henze.
• Pflege: Wer einen Partner zuhause hat, verweilt kürzer im Pflegeheim als Alleinstehende. „Singles werden das System zum Kollabieren bringen“, warnt deshalb Pflege-Experte Bodo de Vries.
• Interview: FDP-Generalsekretärin Imke Haake über die „Mission 2027“ und die Mängel der niedersächsischen Bildungspolitik.
Kommen Sie heil durch die Woche
Ihr Niklas Kleinwächter