4. Dez. 2023 · TagesKolumne

TagesKolumne: Sie fürchten weder Frost noch Teufel

An diese Szene aus dem Film "Top Gun" werden Sie sich vermutlich nicht erinnern: Während ein kommunistischer Düsenjäger vom Typ "MiG-27" über den Himmel donnert und aus vollen Rohren feuert, hastet Tom Cruise in Pilotenmontur mit einem Eiskratzer über das Deck des Flugzeugträgers "USS Enterprise". Der Start seiner Alarmrotte Abfangjäger verzögert sich leider um einige Minuten, denn das tollkühne Flieger-Ass muss erst einmal die Cockpit-Scheiben seiner F-14 von Schnee und Eis befreien.

Diese Sequenz ist natürlich frei erfunden, in einem Hollywood-Actionfilm wäre sie geradezu undenkbar – außer vielleicht in einer Blödel-Parodie wie "Hot Shots", "Spaceballs" oder "Meine, Frau, die Spartaner und ich". Von der Wirklichkeit ist das Geschilderte dagegen gar nicht so weit entfernt, wie jetzt die Luftwaffen-Übung "Hannover Shield" gezeigt hat. Dass die Eurofighter testweise nicht in einem Fliegerhorst-Hangar parkten, sondern im Freien auf dem zivilen Flughafen Hannover-Langenhagen, stellte die Piloten nämlich vor ungewohnte Herausforderungen.

„In der Nacht zu Dienstag hatten wir Minustemperaturen, deswegen sahen unsere Jets am nächsten Morgen aus wie Eiszapfen“, berichtet Oberst Björn Andersen, Kommodore des Taktischen Luftwaffengeschwaders 71 “Richthofen“ aus Wittmund. Soldaten seines Geschwaders hätten die Situation aber schnell gelöst und die Jets mit Heißluftgebläsen startklar gemacht.

Captain Lone Starr und Waldi der Möter bereiten sich darauf vor, einen Eurofighter mithilfe eines Hochleistungsgebläses von Schnee und Eis zu befreien. | Foto: Screenshot/"Spaceballs", Luftwaffe/Daniel Redell, Montage: Link

Nun gehe es darum, standardisierte Verfahren zu entwickeln, um die Kampfflugzeuge bei Bedarf auch abseits militärischer Liegenschaften zügig enteisen zu können. „Genau aus diesem Grund machen wir solche Übungen, damit wir im Ernstfall auf alles vorbereitet sind“, sagt Oberst Andersen ganz cool. Auch für folgende Probleme, die während der Militärübung auf dem Verkehrsflughafen Hannover-Langenhagen (HAJ) aufgetaucht sind, wird jetzt nach einer standardisierten Lösung gesucht:

• Beim Check-In mussten die Piloten der Alarmrotten trotz Rotem Alarm relativ lange anstehen. Zudem war der Bundeswehr-Schalter nur zu den üblichen Geschäftszeiten besetzt.
• Die Ausfahrt mit dem Eurofighter aus dem Flughafen-Parkhaus gestaltete sich nicht immer ganz einfach. Oft fehlte den Piloten auch das nötige Kleingeld für den Ticketautomaten.
• Nach dem Übungsflug mussten die Kampfpiloten viel zu lange am Gepäckband auf ihre Koffer warten und kamen zu spät zur Einsatzbesprechung.
• 4,70 Euro für ein belegtes Brötchen plus fast nochmal genauso viel Geld für einen Kaffee sprengen das Bundeswehr-Budget für ein Frühstück deutlich. Bereits am dritten Tag mussten die Luftwaffe-Soldaten heimlich durch den Flughafenzaun von einer außerhalb des Geländes stehenden Gulaschkanone versorgt werden.

Mit Riesen-Fön wäre es einfacher gewesen: Den zugefrorenen Eurofighter auf dem Flughafen Hannover wieder startklar zu machen, erfordert einen nicht unerheblichen technischen Aufwand. | Foto: Luftwaffe/Daniel Redell

Schnee von gestern sind dagegen wohl die Pläne für eine mächtige Landeswohnungsgesellschaft. Bauminister Olaf Lies hat kalte Füße bekommen und wird das ganze Projekt wohl deutlich kleiner aufziehen als ursprünglich geplant. Die Opposition wird's freuen, denn bei der CDU wollte man das Projekt ohnehin erst dann unterstützen, wenn die Hölle zufriert.

Von den Professoren Stephan Thomsen und Axel Haverich lernen wir in der heutigen Ausgabe folgendes: Stress, Übergewicht und zu viel Medienkonsum hauen nicht nur den stärksten Eskimo vom Schlitten, sondern sorgen auch dafür, dass das durchschnittliche Lebensalter der Deutschen kaum noch steigt. Die Wissenschaftliche Sozietät zu Hannover (WS) und die Deutsche Rentenversicherung betrachten es mit Sorge, dass immer mehr Menschen beim Renteneintritt wie der Ötzi aussehen.

Eiskalt erwischt hat es die deutsche Automotive-Industrie. Die Autozulieferer und Reifenhersteller haben aufgrund von Inflation und Energiepreiskrise ihre Investitionspläne im Inland auf Eis gelegt und schalten in mehreren Fabriken für immer die Heizungen ab. Auch auf das Autoland Niedersachsen könnte bald eine Deindustrialisierungs-Lawine herabdonnern. Wie kriegt man diese Kuh vom Eis? Kühlen Kopf bewahren und den heutigen Rundblick lesen, natürlich!

Wie ein Schneekönig freut sich für Sie
Ihr Christian Wilhelm Link


Dieser Artikel erschien am 4.12.2023 in Ausgabe #211.
Christian Wilhelm Link
AutorChristian Wilhelm Link

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