Es ist schon eine Weile her, da schicke mir eine Freundin ein Selfie, das zeigte, wie sie auf einem Stadtfest tapfer in eine Snack-Tüte langte. Das Logo auf der Tüte hätte auf den ersten Blick ein stilisiertes Würstchen sein können, allerdings eines mit Flügeln, Fühlern und einem sehr langen Bein. In der Tüte, schrieb die Freundin, seien geröstete Grillen, und die schmeckten ihr sogar. Ihr Gesichtsausdruck sprach eine andere Sprache. Ich schluckte. Kommt jetzt das große Krabbeln auf unsere Teller und Pommes-Piekser? Schluss mit Schmalzkuchen und Schinkengriller, her mit fettarmer und proteinreicher Gladiatorenkost aus Insekten?
Um das Thema ist es ein bisschen ruhiger geworden, und ich atmete herzhaft auf, als ich von meinem Kollegen Niklas Kleinwächter hörte: Die Zukunft des Insekts als Nutztier sehen Fachleute nicht unbedingt als Nahrungsmittel für Menschen, sondern als Tierfutter. Warum nicht vor Ort Insekten mit Abfällen mästen und direkt an Schweine verfüttern, statt Sojabohnen um die halbe Welt zu transportieren? Meine persönliche Antwort darauf lautet, die Bohnen einfach selbst zu essen. Allerdings nicht die Sojabohnen aus Brasilien, für deren Anbau der Regenwald weichen muss, sondern den fluffigen Bio-Tofu aus Österreich.
Zu der Fachtagung „Insects-plus“, lesen Sie heute im Rundblick, sind sogar Experten aus China nach Niedersachsen gereist. Ich dagegen blicke immer erwartungsvoll nach Fernost, wenn ich Inspiration für fleischlose Gerichte suche. Soweit ich sehe, gibt es unter chinesischen Essern keine Fronten zwischen Fleischfreunden und Tofu-Fans. Die Leute essen einfach beides, gerne auch in einem Gericht, weswegen man als Vegetarierin manchmal aufpassen muss.

Mein chinesisch-vegetarisches Kochbuch warnt, es sei nicht einfach, in China verständlich zu machen, dass man gar kein Fleisch möchte. Die einzige Erklärung, die akzeptiert werde, scheint zu sein: „Ich bin Buddhist.“ (Falls Sie mal in der Situation sein sollten, probieren Sie: „wo xin fojiao“.) Gläubige Buddhisten schützen jedes tierische Leben und essen daher kein Fleisch. Wobei manche buddhistischen Mönche auch eine pragmatische Einstellung dazu haben: Sie leben von dem, was ihnen Gläubige spenden. Wenn mal ein Tier dabei ist, wäre es undankbar, das abzulehnen.
Proteinmangel ist längst nicht der einzige Ernstfall, für den sich Niedersachsen wappnen muss. Bei uns lesen Sie heute:
Ich wünsche Ihnen einen proteinreichen Donnerstag!
Ihre Anne Beelte-Altwig