Als wir am Freitag die letzten Absprachen mit MdB-Büroleitern trafen, war noch nicht zu ahnen, wie sich die politische Lage über das Wochenende hinweg verändern würde. Die Landtagswahlen sollten Sieger und Verlierer produzieren, klar. Manche Gesprächspartner unserer Delegation von knapp 15 Journalistinnen und Journalisten aus der Landespressekonferenz, die am Montag und Dienstag in Berlin unterwegs war, würden also gut gelaunt auftreten, andere eher zerknirscht.
Doch der Hamas-Angriff auf Israel sollte natürlich auch diese Hintergrundgespräche überlagern. So gab es also in den vertraulichen Runden („unter 3“) sehr, sehr verschiedene Dinge, über die gesprochen wurde. Was gesagt wurde, bleibt gemäß Vereinbarung unter den Teilnehmern, aber worüber man gesprochen hat, ist nicht unbedingt so geheim.

In einigen Gesprächen kam es beispielsweise am Ende zu der Feststellung: „Jetzt haben wir noch fünf Minuten und haben noch gar nicht über dieses oder jenes Thema gesprochen.“ Das war dann mal im Scherz die Detailplanung irgendeiner Trassenführung, schon ernster dann die Kindergrundsicherung – und es gab auch solche Gespräche, in denen erst dann Israel thematisiert werden konnte. Andere hatten den Angriff auf den jüdischen Staat derweil zum dominanten Thema der Runde gemacht. Gezielt, um nicht über Parteipolitik reden zu müssen? Bei einem Termin wurde gar direkt zu Beginn klargestellt: Man äußere sich nicht zum Wahlausgang, das bleibt der Parteizentrale vorbehalten.
Als wir am Dienstag dann im Auswärtigen Amt saßen, kam man wohl zumindest physisch dem Krisenzentrum am nächsten. Und dort offenbarte sich eine gewisse Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen doch sehr deutlich. Während man an einem anderen Ort im selben Haus gerade die Evakuierung der bis zu 140.000 deutschen Staatsbürger organisierte, trafen wir im Ellinor-von-Puttkamer-Saal Staatsministerin Katja Keul (Grüne). Die Niedersächsin ist im AA unter anderem für Afrika und Kulturpolitik zuständig. Natürlich sprachen wir auch über Israel, die Zwei-Staaten-Lösung, Hilfszahlungen und eben Evakuierung. Ein Strang im Potpourri der Themen war allerdings auch die Aufarbeitung der deutschen Kolonialvergangenheit, insbesondere in Afrika.

Nun kann es sonderbar wirken, über längst vergangene Tage zu sprechen, wenn zeitgleich ein so grausamer Anschlag auf zivile Bevölkerung verübt wurde. Bedenkt man jedoch, dass auch die Massaker von 1905 noch bis heute nachwirken, erfährt der Bericht, den ich Ihnen aus Berlin mitgebracht habe, vielleicht im Lichte der jüngsten Entwicklungen noch eine ganz neue Bedeutung. Wie also eine Niedersächsin in Berlin die Aussöhnung mit Afrika organisiert, lesen Sie gleich.
Außerdem berichten wir über:
• Israel: Das Oktober-Plenum des niedersächsischen Landtags begann mit einer Regierungserklärung des Ministerpräsidenten mit anschließender Aussprache. Tut Deutschland bereits genug gegen die Hamas? Im Landtag gibt es verschiedene Positionen in dieser Frage.
• Flüchtlinge: Ernsthafte Herausforderungen verlangen nach breiten Bündnissen. In der Flüchtlingspolitik hat die CDU im Landtag der Regierung nun eine Kooperation angeboten. Innenministerin Behrens wirft man gleichwohl Versäumnisse vor.
• Tarife: Landesbeschäftigte wollen 10,5 Prozent mehr Gehalt.
Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre und ausreichend Ruhe in andauernd aufgewühlten Zeiten!
Ihr Niklas Kleinwächter