TagesKolumne: Kein guter Ungarneinfall
Vor knapp 1070 Jahren besiegte ein Heer ostfränkischer Panzerreiter eine zahlenmäßig überlegene ungarische Plündertruppe und rettete so das Abendland. Gestern kam es zu einer zivilisierten Neuauflage dieser historischen Begegnung: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wies den ungarischen EU-Ratspräsidenten Viktor Orbán in Straßburg in seine Schranken. Der Autokrat und Russland-Freund hatte wie schon seine magyarischen Vorfahren das Pannonische Becken verlassen, um die West- und Mitteleuropäer mal wieder gründlich aufzumischen. „Lassen Sie uns Europa wieder groß machen“, forderte der osteuropäische Trump-Imitator und haute einen Satz raus, mit dem er sich fast schon als neuer Chef der Grünen Jugend bewerben könnte: „Wir sind nicht in der EU wegen dem, was sie ist, sondern wegen dem, was sie werden kann.“
Die Kommissionspräsidentin ließ allerdings sehr deutlich durchblicken, dass Ungarn aus ihrer Sicht nicht gerade zu den Ländern gehört, die wissen, wo vorne ist. Orbán befinde sich nicht nur mit seinem russlandfreundlichen Kurs im totalen Blindflug und stelle mit seinem Visa-Programm für russische Staatsbürger für alle Mitgliedstaaten ein „Sicherheitsrisiko“ dar. So wie sich von der Leyen über die ungarische Wirtschaftspolitik äußerte, erinnerte das stark an die Beschreibung einer korrupten Bananenrepublik. „Was wir beobachten ist, dass eine Regierung in unserer Union genau in die entgegengesetzte Richtung steuert und vom Binnenmarkt wegdriftet“, sagte die CDU-Politikerin und drehte den Dolch sogar nochmal in der Wunder herum, indem sie anfügte: „All dies zu einer Zeit, in der die mitteleuropäischen Nachbarn Ungarn beim Pro-Kopf-BIP überrundet haben.“
Kein gutes Haar ließ die EU-Kommissionspräsidentin zudem an der ungarischen Migrationspolitik, die Schleusern und Menschenhändlern zuletzt eine „Du kommst aus dem Gefängnis frei“-Karte ausstellte. “Damit wird unsere Union nicht geschützt. Damit werfen Sie die Probleme nur Ihren Nachbarn über den Zaun“, kritisierte sie den ungarischen Ober-Nimby und warf Orbán auch energiepolitische Spalterei vor: „Anstatt nach alternativen Energiequellen zu suchen, suchte insbesondere ein Mitgliedstaat nur nach alternativen Wegen, um fossile Brennstoffe aus Russland zu kaufen.“ Bei der Schlacht auf dem Lechfeld 955 mussten die Sachsen noch ein ganzes Kontingent stellen, um die Ungarn dermaßen zu verdreschen. Diesmal reichte eine einzelne Niedersächsin.
Wenn Sie wie Viktor Orbán nach seiner Abreibung immer noch nicht genug von Politik haben, haben wir im heutigen Rundblick genau die richtigen Themen für Sie:
◼ Gesundheitsminister Andreas Philippi äußert sich exklusiv im Rundblick zum Gesetzentwurf zur Krankenhausreform.
◼ IHKN-Chefin Maike Bielfeldt und die CDU-Landtagsabgeordnete Colette Thiemann diskutieren mit Niedersachsens Chief Information Officer Horst Baier über die stockende Verwaltungsdigitalisierung.
◼ Jan Vermöhlen vom Bund der Steuerzahler prangert die Verschwendung von öffentlichen Geldern an und nennt mehrere Fälle aus Niedersachsen, die es ins diesjährige Schwarzbuch geschafft haben.
Vielen Dank, und es lebe Europa
Ihr Christian Wilhelm Link
Dieser Artikel erschien am 10.10.2024 in der Ausgabe #176.
Karrieren, Krisen & Kontroversen
Meilensteine der niedersächsischen Landespolitik
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