2. Juli 2025 · 
TagesKolumne

TagesKolumne: Fakenews darf man nicht sagen

Eines der tollsten Videos des Internets zeigt zwei Kinder, die übers Lügen philosophieren. „Lügen darf man nicht sagen“, erklärt der kleine Junge darin empört. Daraufhin verteidigt sich das ältere Mädchen: „‚Lügen‘ darf man sagen. Aber Lügen darf man nicht machen.“

Fakenews darf man nicht sagen. | Foto: Alona Horkova via Getty Images

Die parlamentarische Übersetzung des legendären Satzes „Lügen darf man nicht sagen“ lautet: „Fakenews darf man nicht sagen.“ Natürlich soll im Landtag niemand Fakenews verbreiten. Noch schlimmer ist es derweil, einem anderen Abgeordneten genau das zu unterstellen. Der Fakenews-Vorwurf an sich gilt schon als „unparlamentarisch“.

Oder galt. Denn in der vergangenen Woche fiel das F-Wort gleich mehrmals. Zunächst allerdings noch leidlich gut versteckt. In die vielzitierte Labün-Debatte stieg Umweltminister Meyer mit der Feststellung ein: „Wir leben in einer Welt, in der Fakenews zum Alltag geworden sind.“ Damit ist zwar noch kein Abgeordneter angesprochen, doch das Wort steht im Raum. Kurz darauf schlussfolgerte er dann: „Von daher wundert es nicht, dass die AfD gleich mit einer ganzen Kette von Falschbehauptungen hier aufgetreten ist.“

Widerspruch gegen den versteckten F-Wort-Vorwurf kam derweil nicht vom Präsidium, sondern aus der CDU-Fraktion: „Sie sind in Ihre Rede eingestiegen damit, dass Sie die ‚Welt der Fakenews‘ beklagt haben – um dann selbst bei einigen zu landen.“ Bumm, der nächste F-Wort-Vorwurf. Unwidersprochen.

Sprechverbote sind eigentlich nicht meine Sache. Doch beim F-Wort werde ich zum Verbotsapostel. Ich kann das Wort nicht hören, ohne dabei Trumps Stimme zu hören. Und ähnlich dumpf klingen dann häufig auch die Debatten, in denen der Begriff benutzt wird. Sobald ich das F-Wort höre, denke ich: Leute, das könnt ihr doch besser!

Verbreitet jemand die Unwahrheit, dann benennt die vermeintlich falschen Tatsachenbehauptungen doch als solche! Und nennt die konkreten Sachverhalte beim Namen, damit die Debatte fundiert weitergehen kann! Niemandem nützt es, zwei Politikern zuzuhören, wie sie sich gegenseitig das F-Wort um die Ohren hauen!

„Das bedeutet, dass ich das Mama sage, und Du aufhören solltest“, argumentiert in dem Video schließlich der kleine Junge knallhart. „Petze!“, setzt sie zum Gegenschlag an. Doch er kontert: „Nee!“ – „Petze!“ – „Nee, Du bist eine Petze!“ – „Selber!“ – „Neeee!“ – „Selber!“

Im Rundblick lesen Sie heute, was es braucht, damit Diskussionen gut werden. Zum Beispiel Menschen, die nicht polemisieren oder bereits ein vorgefertigtes Bild ihres Gegenübers im Kopf haben. Erstaunliche Erkenntnis? Bei manch einer öffentlich geführten Debatte könnte man das meinen, ja. Unsere Themen:

  • Arbeitszeit: Eine Sozialstation wollte beweisen, dass auch in der Pflege eine Vier-Tage-Woche möglich ist. Inzwischen sagt der Träger: Die Lösung passt nicht für alle.


  • Kommunales: Nun geht es um die Art, wie das Geld verteilt wird: Die Kommunen erwarten wenig Vorgaben und viel Flexibilität. Noch aber sind die gesetzlichen Grundlagen dafür nicht vorhanden.


  • Loccum: Seit bald 80 Jahren ist die Evangelische Akademie Loccum ein Ort des offenen Austauschs. Wie sich das Haus neu aufstellt, erklärt die Direktorin Prof. Julia Koll im Interview.

Es wird warm heute. Deshalb sparen Sie doch besser Ihre Energie und sagen heute einfach mal gar nichts, wenn Sie nichts Nettes zu sagen haben.

Ihr Niklas Kleinwächter

Dieser Artikel erschien in Ausgabe #122.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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