Was ist nun die tiefere Bedeutung des „Sommerlochs“, das wie in jedem Jahr auch jetzt wieder Niedersachsen ergriffen hat? Zum einen passt das regelmäßig zu den höheren Temperaturen und der – meistens – intensiveren Sonneneinstrahlung. Die Menschen werden träge, reagieren langsamer, sind nicht so aufmerksam wie sonst und antworten auch mal nicht, wenn man sie fragt. Viele haben, auch wenn sie noch nicht verreist sind, innerlich abgeschaltet.

Für die Medien heißt es: Man sollte mit interessanten und differenzierten Geschichten besser nicht im Sommer aufwarten, denn die geringere allgemeine Aufmerksamkeit sorgt häufig dafür, dass die Botschaft ungehört verhallt. Wer ab Mitte Juli oder vor Mitte August eine spannende Nachricht verbreitet, wundert sich oft, wenn Ende August, sobald alle wieder zurückgekehrt sind, niemand davon Kenntnis genommen hat. Im Sommerloch versickert eben vieles.
Allerdings gibt es auch den gegenteiligen Effekt, der oft mit dem Begriff „Sommertheater“ bezeichnet wird: Das wenige, das an Nachrichten im Sommer nach draußen dringt, kann in dieser Jahreszeit besonders groß, besonders ausführlich und besonders spektakulär verbreitet werden. Das liegt daran, dass die allgemeine Nachrichtenarmut und Trägheit des öffentlichen Diskurses in dieser Zeit eine genügend große Lücke für bestimmte Botschaften lässt. Besonders beliebt im „Sommertheater“ sind Politiker mit skurrilen Vorschlägen, die dann über Wochen damit im Gespräch bleiben.
Der Klassiker geschah am 9. Juli 1993, also heute vor 32 Jahren: Die „Bild“-Zeitung berichtete über zwei CSU-Politiker, die der Bundesregierung Verhandlungen mit Spanien vorschlugen zum Erwerb der Insel Mallorca – als 17. Bundesland. Vielleicht, so die Idee, auf dem Wege der Erbpacht. Diese Nachricht schlug so ein, dass noch viele Jahre später darüber gesprochen wird. Manchmal überleben die Autoren eines solchen „Sommertheaters“ wegen der Heftigkeit der Reaktionen das politisch nicht. In diesem Fall aber hatte einer der beiden Politiker, Peter Ramsauer, noch eine Karriere als Bundesminister vor sich.
Von der Mallorca-Qualität sind die heutigen Nachrichten im Politikjournal Rundblick zwar nicht, lesens- und hörenswert sind sie aber trotzdem:
Ich wünsche Ihnen einen schönen Sommertag – mit möglichst vielen seriösen, gern auch unaufgeregten Nachrichten
Klaus Wallbaum