31. Jan. 2025 · 
TagesKolumne

TagesKolumne: CDU unter Polizeischutz

Von der Landespolizei erhielt die niedersächsische CDU am Donnerstag einen freundlich gemeinten Ratschlag: Es gebe eine erhöhte Gefährdungslage, daher sollten sich Mitarbeiter lieber vorsichtig verhalten und ihre Arbeit auf Orte in sicheren Bereichen verlagern. Denn nach dem Bundestagsbeschluss von CDU, FDP und AfD zur Migrationspolitik entfaltet sich überall in Deutschland eine regelrechte Protestwelle mit den Christdemokraten als Ziel. Sie zeigte sich am Mittwochabend vor der CDU-Bundesgeschäftsstelle in Berlin, am Donnerstagabend ebenfalls. Gleichzeitig versammelten sich tausende auf dem Opernplatz in Hannover und in den nächsten Tagen geht es wohl weiter. CDU-Geschäftsstellen sind alarmiert. So, wie die Lage derzeit ist, muss man nach den Prognosen der Polizei wohl auch mit möglichen Ausschreitungen rechnen. Denn unter friedliche Demonstranten, die sich gerade in Massen mobilisieren lassen, können sich schnell auch solche mischen, die provozieren, übertreiben und vor Gewalt nicht zurückschrecken. Die Antifa beispielsweise, die von der politischen Linken in Deutschland gern als „nicht so schlimm“ bezeichnet wird. Das ist noch nicht so, kann aber schnell passieren.

Mehrere tausend Menschen demonstrieren in Hannover auf dem Opernplatz gegen den Abbau der "Brandmauer" durch die CDU. | Foto: Lada

Keine Frage: Auch Parteien müssen Protestaktionen aushalten, das Demonstrationsrecht gehört zur Demokratie. Die Entscheidung der CDU/CSU, im Bundestag für einen Entschließungsantrag zu einer schärferen Kontrolle der Zuwanderung auch die Stimmen der AfD zum Erreichen einer Mehrheit zu nutzen, ist in der politischen Geschichte der Bundesrepublik sicher ein Einschnitt. Dagegen sind deutliche Proteste erwartbar und auch legitim. Wir befinden uns zudem drei Wochen vor einer Bundestagswahl, da fallen solche Aktionen naturgemäß radikaler aus als sonst, die Stimmung ist allerorten aufgewühlt. Sogar solche Proteste sind in Ordnung, die nicht aus echter Empörung folgen, sondern aus bewusst übertriebener Empörung mit dem Ziel, damit die eigene Anhängerschaft kurz vor dem Wahltag noch mal richtig zu mobilisieren. Aber es geht hier, wie so oft, um das richtige Maß.

Noch gibt es – bei Redaktionsschluss am Donnerstagabend – keine Berichte über Ausschreitungen. Sollte es sie in nächster Zeit geben, müssten jene Vertreter von SPD und Grünen, die derzeit so voller Inbrunst zum Anti-CDU-Protest auffordern, ihre Verantwortung erkennen und die Aktionen abblasen. Es wäre schwer erträglich, wenn die friedlichen Demonstrationen zur Kulisse würden für eine Einschüchterung der CDU in der heißen Phase des Bundestagswahlkampfs. Noch ist, wie gesagt, ein solcher Zustand nicht erreicht. Es gibt dafür allerdings ein paar andere irritierende Anzeichen. In der Landeshauptstadt Hannover wurde am Donnerstagabend auf Antrag von SPD und Grünen die Ratsversammlung für eine Stunde unterbrochen – zu dem Zweck, dass die Ratsmitglieder an der zeitgleich stattfindenden Demonstration gegen die CDU-Politik teilnehmen können. Aus diesem Vorgang spricht eine Überheblichkeit, die ihresgleichen sucht. Was nehmen sich SPD und Grüne in der Landeshauptstadt hier nur heraus? In dem Aufruf zu dieser Demonstration wird formuliert: „Lasst uns für ein buntes und tolerantes Hannover kämpfen, in dem die Zusammenarbeit mit Faschisten nicht geduldet wird!“ Was sind das für Worte?

Foto: Lada

Die Mehrheit für einen Antrag im Bundestag, der eine strenge Migrationspolitik nach dem Muster des sozialdemokratisch regierten Dänemark vorsieht, hat sicher keinen „Faschismus“ zum Ziel. Und man mag zur AfD stehen wie man will – sie „faschistisch“ zu nennen, ist gegenwärtig mit Blick auf Programme und Analysen des Verfassungsschutzes weder berechtigt noch klug. Solche Begriffe sind geeignet, die NS-Diktatur zu verharmlosen. Wenn man es aber für selbstverständlich hält, die ungeliebten Politiker der AfD als „Nazis“ zu bezeichnen, als Inkarnation des Bösen, dann wird jeder Umgang mit der AfD zum Umgang mit Faschisten, dann wird von jeder aktuellen Diskussion eine direkte Linie zur deutschen NS-Vergangenheit gezogen. „Nie wieder“ wird dann die Leitparole für alles, was damit im Zusammenhang steht. Der Bezug zur aktuellen deutschen Migrationspolitik bleibt dabei aber meilenweit entfernt.

Der Rundblick wird sich damit immer wieder beschäftigen. In der heutigen Ausgabe setzen wir andere Schwerpunkte:

  • Düngeverordnung: Im Landtag werden wieder Rufe nach einer Alternative zu den Grundwasser-Messstationen laut.


  • Wohnungsgesellschaft: Wirtschaftsminister Olaf Lies teilt den Kauf der ersten 185 Wohnungen mit.


  • Jäger-Protest: Niklas Kleinwächter beschreibt, wie sich viele Jäger und deutlich weniger Tierschützer bei Demonstrationen vor dem Landtag begegnet sind.

Ich wünsche allen Lesern einen guten Start ins Wochenende – und allen Wahlkämpfern eine gehörige Portion Besonnenheit.

Klaus Wallbaum

Dieser Artikel erschien in Ausgabe #020.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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