Der Physiker Metin Tolan ist vor allem dadurch bekannt geworden, dass er schwierige Vorgänge allgemeinverständlich erklären kann. Egal, ob Fußball, Star Trek oder der Untergang der Titanic – Tolan kann alles populärwissenschaftlich herunterbrechen. Sein Vortrag zur Physik bei James Bond ist sogar als DVD und in Buchform erhältlich. Unerklärlich blieb für den selbst erklärten Trekkie wohl nur sein Scheitern als Präsident der Universität Göttingen, das er im November 2024 nicht gerade sportlich aufnahm. „Es ist schade, dass Senatoren ohne konkrete Sachgründe, nur basierend auf Gerüchten und falschen Fakten, eine so weitreichende Entscheidung getroffen haben“, schimpfte er in der Pressemitteilung zu seiner endgültigen Abwahl. Außerdem erklärte er: „Ich wünsche der Universität, dass bei der anstehenden Neuwahl für den Senat wissenschaftlich ausgewiesene Personen gewählt werden, die im Interesse der Georgia Augusta ihre Aufgabe in diesem Gremium verantwortungsvoller wahrnehmen, als es die Mehrzahl der jetzigen Senatoren getan hat.“

Sieben Tage später wurde die offizielle Pressemitteilung durch eine Stellungnahme der Dekaninnen und Dekane ergänzt, die sich entschieden gegen „jegliche persönliche Angriffe und Herabwürdigungen von Mitgliedern unserer Universitätsgremien“ aussprachen. Für mich ist immer noch unklar, ob sich der Aufruf speziell an Tolan, an seine Kritiker oder an alle Beteiligten im Machtkampf um die Uni-Präsidentschaft gleichermaßen richtet. Ich freue mich aber, dass die Göttinger Selbstdemontage endlich ein Ende gefunden hat und der vermutlich bestmögliche Interimspräsident gefunden wurde.

Diese Interimspräsidentschaft kann ja nur gut werden: Vom neuen Göttinger Uni-Feuerwehrmann Axel Schölmerich gibt es sogar eine Büste – und die sieht ihm auch noch ähnlich. | Foto: RUB/Marquard

Axel Schölmerich hat nicht nur Erfahrung beim Leiten einer Uni. Vom Ex-Rektor der Ruhr-Universität Bochum gibt es sogar eine Büste, die man ihm zu Ehren im Foyer seiner ehemaligen Wirkungsstätte aufgestellt hat – wer kann das schon von sich behaupten? Für seine Berufung nach Göttingen dürfte aber noch ein weiterer Faktor entscheidend gewesen sein: Als Experte für Psychologie und Erziehungswissenschaften ist Schölmerich auch akademisch dafür prädestiniert, den Kindergarten in der Göttinger Hochschulverwaltung in den Griff zu bekommen. Seit 2019 zeigt die Spitzenuniversität ihren Exzellenzstatus nämlich vor allem im Schuldzuweisen und im Richtungsstreit. Von einer Gemeinschaft der Forschenden ist man in Göttingen weit entfernt, dort scheint eher das Motto zu gelten: „Jeder gegen jeden – und am Ende gibt’s Trost- statt Nobelpreise.“

Es bleibt zu hoffen, dass die Uni bald aus den Schlagzeilen verschwindet und sich wieder dem widmet, wofür sie eigentlich da ist: Forschung, Lehre und das Ankurbeln des Fahrradverkehrs in der Göttinger Innenstadt.

Vom akademischen Sandkastenstreit in Göttingen kommen wir nun aber zur Jäger-Demo in Hannover, dem Bezahlkarten-Streit im Landtag und der Milliarden-Baustelle in Salzgitter – Niedersachsen liefert wieder jede Menge Gesprächsstoff. Das sind die Themen der aktuellen Rundblick-Ausgabe:

◼ Demo-Frust bei den Jägern: Die Landwirtschaftskammer rät ihren Leuten, fernzubleiben – der Beamtenbund schüttelt den Kopf. Und während Rot-Grün noch über Jagdhunde und Katzenabschuss streitet, ist eins klar: Am 30. Januar wird’s in Hannover spannend.

◼ Bezahlkarte statt Bargeld: SPD-Politiker Uli Watermann verteidigt die Bezahlkarte für Asylbewerber und teilt kräftig gegen Tauschbörsen aus. Die Grünen-Landtagsabgeordnete Djenabou Diallo-Hartmann hat es da gar nicht leicht, den Koalitionsfrieden zu bewahren.

◼ Salzgitter AG baut groß – und teuer: Niedersachsens größte Baustelle verschlingt vier Millionen Euro am Tag, um den Stahl klimafreundlich zu machen. Umweltminister Christian Meyer ist trotzdem Feuer und Flamme für die Transformation zur grünen Industrie und kontert Friedrich Merz: „Wasserstoff? Der ist da, wo die Windräder sind!“ Mit der Baustelle sind jedoch leider auch die Kosten gewachsen, und der Konzern hofft auf neue Fördermillionen. Bleibt nur die Frage: Wer zahlt am Ende den grünen Stahl?

Einen guten Start ins Wochenende und fröhliches Radeln in Göttingen wünscht
Ihr Christian Wilhelm Link