Der überraschende Rückzug André Hüttemeyers von all seinen politischen Ämtern und Mandaten, der am Montagvormittag bekannt wurde, schlug Wellen, die sich ins ganze Land trugen. Diese Wellen fielen allerdings sehr unterschiedlich hoch aus und in ausreichender Distanz brachen sie sogar und schwappten als wohliges Kräuseln wieder zurück.
So geschehen ist das wohl in Braunschweig. Als dort die Meldung von Hüttemeyers politischem Aus angekommen war, hatte die Information schon alles von ihrer Dramatik verloren. Ist da womöglich etwas Schlimmes passiert? Ist da ein Mensch zu Boden gegangen? Ein Lebensplan geplatzt? Ringt auch noch eine ganze Partei mit dem, was da vor sich geht?
All das scheint in Braunschweig keine allzu große Rolle zu spielen. Die umgekehrte Welle spült nämlich einen Braunschweiger in den Landtag zurück: Oliver Schatta is back! Auch wir berichteten über den Wiedereinzug des früheren und dann leider verhinderten MdL aus Braunschweig, der nun nachrücken darf. Für die Braunschweiger Zeitung war diese Information allerdings wichtiger als die Ursache, der Hüttemeyer-Rückzug, der nur in der Unterzeile auftauchen durfte. Wer kennt in Braunschweig schon den CDU-Chef aus Vechta?

Beobachten konnte man diese Sichtweise, diesen ungetrübt klaren Blick nach vorn auch bei Politiker-Postings in den sozialen Netzwerken. Sowohl Carsten Müller (CDU-MdB) als auch Jörn Domeier (SPD-MdL) freuten sich öffentlich für den Kraftfahrzeugmeister, der völlig zu unrecht auf die hinteren Listenplätze gedrängt worden sei und nun seinen rechtmäßigen Platz im Hohen Haus wieder einnehmen darf. (Zur Erinnerung: Ein entscheidender Grund für die Platzierung dürfte die freiwillige Frauenquote der Niedersachsen-CDU gewesen sein!)
Zu erklären ist diese sonderbar und mitunter wenig einfühlsam wirkende Sichtweise auf den Personalwechsel in der CDU-Fraktion wohl nur mit den ohnehin rauen Umgangstönen im Politischen und dem ausgeprägten Selbstbewusstsein des Braunschweiger Landes als Ausprägung einer dauerhaften Konkurrenz der niedersächsischen Landesteile untereinander. So darf man nicht vergessen, dass die CDU Deutschlands allein deshalb 18 statt 16 Landesverbände zählt, weil Braunschweig und Oldenburg traditionell getrennt marschieren. Das Selbstbewusstsein der Oldenburger CDU, die sich gerade erst neu mit einem eigenen Generalsekretär ausstattete, dürfte nun einen Kratzer abbekommen haben. Der Sieger der Woche ist derweil Braunschweig. Ohne Rücksicht auf Verluste. Herzlichen Glückwunsch dazu.

Was sonst noch wichtig ist:
• Pflege: Sozialminister Andreas Philippi (SPD) hat die Kap.Ni wieder aufleben lassen. Die „Konzertierte Aktion Pflege Niedersachsen“, ein Erfolgsmodell der vorigen Regierung, muss nun weiter darum ringen, die Bedingungen in der Pflege zu verbessern – durch Unterstützung für pflegende Angehörige, mehr Fachkräfte und weniger Bürokratie.
• Katastrophenschutz: Wenn es künftig brenzlig wird in Niedersachsen, hat das Innenministerium den Hut auf. Das dortige Lagezentrum kann dann einen Landeskrisenstab, notfalls sogar einen Landeskatastrophenstab beherbergen, wie Innenministerin Daniela Behrens (SPD) am Dienstag erläuterte.
• Standortprobleme: Als Energieland der Zukunft sollte sich Niedersachsen vor Ansiedlungswünschen aus der Wirtschaft gar nicht retten können. Doch eine neue Studie weckt Zweifel an der Beliebtheit Niedersachsen: Der Fachkräftemangel und die Verkehrsinfrastruktur bremsen das Land aus.
Ich wünsche Ihnen einen erfolgreichen Mittwoch,
Ihr Niklas Kleinwächter