„Kennst du deinen ROL?“, steht in der Betreffzeile der E-Mail. Hm, nein, aber jetzt bin ich neugierig. Bei dem Absender der Mail hatte ich neulich schon ein kostenloses Webinar besucht, und jetzt bombardiert er mich mit kostenpflichtigen Angeboten, bei denen ich mein Wissen weiter vertiefen kann. Als Bonus gibt es einen Rabatt, weil ich so eine gute Kundin bin. Aber dafür muss ich schnell zuschlagen.
Also, ich habe nicht zugeschlagen, aber dafür ein neues Akronym gelernt. „ROL“ steht für „Return of Learning“: „Du merkst sofort, wie sich Weiterbildung im wahrsten Sinne des Wortes auszahlt“, verspricht mir die Werbemail. Ein „ROL“ ist also diejenige Variante von „Lehrgeld zahlen“, bei der unter dem Strich etwas Positives herauskommt. Oder auch eine Spezialform des „ROI“, des „Return on Investment“. „Schön wär‘s“, seufzte ich. Gerade gestern habe ich den Satz wieder bei einer Fachtagung gehört: „Wir haben kein Erkenntnisdefizit.“ Zu jedem Problem gibt es bereits kluge Lösungsansätze. Journalisten und Politiker genießen, wenn es gut läuft, das Privileg, frühzeitig davon zu erfahren. Aber bis sich in der Politik ein ROL einstellt, müssen Mehrheiten gefunden und Geld locker gemacht werden. Und das dauert oft frustrierend lange.
Übrigens las ich verblüfft, dass man in den 1990er Jahren ausgerechnet haben will, dass der ROL bei Frauen höher liegt. Frauen kommen demnach auf 15 Prozent „Bildungsrendite“, Haushaltsvorstände (damit sind offenbar nur Männer gemeint) erreichen immerhin 10 bis 12 Prozent und der Mann ohne Haushaltsverantwortung gerade mal 5 Prozent. Wenn das stimmt, ist es einigermaßen verblüffend, dass es trotzdem einen Gender Pay Gap gibt, auch wenn Mädchen die besseren Schulabschlüsse erreichen, oder?

Ministerpräsident Olaf Lies ist gerade auf Sommertour durchs Land gerollt (geROLlt?) und hat Einrichtungen besucht, die kluge Lösungen für viele Probleme gefunden haben. Dabei schreckte er sogar vor einer Geburt nicht zurück, die in Wilhelmshaven stattfand und aus dem Klinikum Oldenburg per „Telestorch“ fachkundig begleitet wurde. Wenn Sie Lust haben, schauen Sie mal in unsere Instagram-Stories. Mein Kollege Christian Wilhelm Link ist dem MP mit der Kamera auf Schritt und Tritt dabei gefolgt, wie er Hände schüttelt, umarmt, herzlich an Oberarme greift.
Seit ich einen Vortrag der Unternehmensberaterin Marion Knaths gehört habe, widme ich solchen Politiker-Gesten viel mehr Aufmerksamkeit. „Körperlänge hilft, aber entscheidend sind Wille und Technik“, ist sie überzeugt. Das Problem von Frauen seien nicht zu kurze Arme, sondern dass sie die non-verbalen Codes der Männer nicht kennen und intuitiv zurückweichen, wenn ihnen jemand an die Schulter greift. Womit wir direkt wieder bei der Frage sind, warum sich der ROL bei Frauen so zurückhaltend bemerkbar macht. Wer auf Augenhöhe wahrgenommen werden will, muss den Schultergriff erwidern, sagt Marion Knaths. Falls Sie gerade auf der Suche nach Sommerlektüre sind, kann ich Ihnen ihr Buch „Frauen Macht!“ warm ans Herz legen.
Aber erstmal empfehle ich Ihnen unsere Themen heute:
Lassen Sie sich heute nicht davon abhalten, etwas Neues zu lernen, selbst wenn der ROL auf sich warten lässt!
Ihre Anne Beelte-Altwig