Award-Shows sind in der Regel langatmig und langweilig, das haben auch die niedersächsischen Grünen verstanden. Bei ihrem Landesparteitag am vergangenen Wochenende wählten sie deswegen einen ganz anderen Ansatz: Den unnötigen Show-Teil ließen sie gleich komplett weg und zeichneten in der Celler Congress-Union auch keine Sieger aus, sondern würdigten in epischer Länge diejenigen, die nicht mehr dabei sein können. Nicht weil sie tot sind oder es ihnen irgendwie schlecht geht. Die Laudierten erfreuten sich zumindest am Sonnabend noch bester Gesundheit und konnten sich einen Blumenstrauß abholen. Die Geehrten werden jedoch in der künftigen Legislaturperiode nicht mehr dem Bundestag angehören.

Die Grünen verabschieden in Celle ihre Bundestagsabgeordneten, die demnächst nicht mehr dem Parlament angehören werden. | Foto: Link

Dass man in Celle eher dem Abschied als dem Aufbruch huldigte, passte zur Stimmung: Die Bundestagswahl liegt schwer im Magen, der Blick zurück fällt leichter als der nach vorn, und der Applaus im Saal wirkte manchmal wie die bange Frage: Wer von uns sitzt 2025 eigentlich noch im Landtag? Zumindest an der Parteispitze wurden Nägel mit Grünen-Köpfen gemacht. Greta Garlichs und Maximilian Strautmann sollen es nun richten: Sie will ansprechbar sein wie nie zuvor, er will „Beton-Denken“ aufbrechen. Zum Amtsantritt gab es für die beiden jeweils einen Blumenstrauß – Smartphone und Presslufthammer wären passender gewesen.

Für ein bisschen Schwung im Saal sorgten zwei bekannte Gesichter: die Bundesvorsitzende Franziska Brantner aus Berlin und die Vize-Ministerpräsidentin Julia Willie Hamburg aus Hannover. Brantner bemühte sich, das schlechte Bundestagswahlergebnis in kämpferische Opposition umzudeuten. Von wegen „Stimmvieh“ oder „Feigenblatt“ – die Grünen wollen jetzt Kante zeigen. Hamburg lobte die Erfolge der Landesregierung: mehr Klimaschutz, bessere Unterrichtsversorgung, mehr Ökolandbau. Doch am Ende bleibt der Eindruck: Viel Blümchen, wenig Glitzer. Die Parteispitze ist neu, die Probleme sind alt – und Celle ist jetzt erst mal wieder durch.

Pascal Leddin (sitzend) feiert in Celle seinen 26. Geburtstag. Er dürfte schon spannendere Partys gehabt haben. | Foto: Link

Kommen wir nun zur heutigen Rundblick-Ausgabe – ganz ohne Laudatio, aber mit viel Inhalt. Die Blumen heben wir uns fürs nächste Mal auf. Hier sind unsere Themen:

Vorläufige Haushaltsführung: Das vorzeitige Ampel-Aus hat dafür gesorgt, dass Bundesmittel nur eingeschränkt fließen. 22 niedersächsische Projekte stehen auf der Kippe – darunter Breitband, Küstenschutz und der Digitalpakt. Neue Investitionen verzögern sich.
Missbrauch in Hildesheim: Das Bistum startet eine neue Missbrauchsstudie, die erstmals auch die jüngere Gegenwart einbezieht. Im Fokus stehen Betroffene, kirchliche Strukturen und Heime. Die Ergebnisse sollen breiter kommuniziert werden – nicht nur auf Papier, sondern auch als Podcast und Ausstellung.
Grünen-Parteitag: Trotz Wahlverlusten und wachsendem Unmut setzt die Partei in Celle auf Optimismus. Greta Garlichs und Maximilian Strautmann übernehmen die Führung. Franziska Brantner mahnt Zuversicht an, Julia Willie Hamburg feiert die Regierungsbilanz. Delegierte fordern: mehr Sozialpolitik.

Einen guten Start in die Woche wünscht,
Ihr Christian Wilhelm Link