Als der niedersächsische Landtag am Dienstag nach der Wahl des Ministerpräsidenten in die gesellige Pause überging, begann für uns Journalisten ein Rennen: Wie Hase und Igel liefen wir mit Olaf Lies um die Wette. Stets versuchten wir, eine halbe Minute vor ihm da zu sein und zu rufen: „Ick bün all hier.“
Vor ihm im Leibnizsaal, wo er die Urkunden an die scheidende Ministerin und die beiden neuen Kabinettsmitglieder übergab. Vor ihm auf der Portikustreppe, wo das erste Kabinettsfoto geschossen wurde. Vor ihm im Raum 234 des Landtags, wo das neue Kabinett erstmals tagte. Vor ihm im Wirtschaftsministerium, wo er den Schlüssel an Grant Hendrik Tonne übergab. Vor ihm an der Staatskanzlei, wo er den Schlüssel von Stephan Weil in Empfang nahm. Vor ihm im Landtag, wo die Regierung vereidigt wurde und der MP seine erste Regierungserklärung abgab. (Wie das aussah, sehen Sie in unserer Insta-Story)
Olaf Lies ist endlich angekommen, wo er schon lange sein wollte. Als er die Staatskanzlei übernahm, scherzte er in Richtung seiner Wegbegleiter: „Wir haben uns mit meinen Ministerien immer für alles verantwortlich gefühlt – und jetzt sind wir es, ne?“ Doch was ändert sich durch den Machtwechsel? Für uns Journalisten zum Beispiel das: Im Trubel des Tages war es naturgemäß nicht immer so einfach, den neuen Ministerpräsidenten zu erspähen. Ein Kenner des Kabinetts gab mir den wichtigen Ratschlag: Bislang musste man auf das laute Lachen achten, wenn man den MP in der Menge gesucht hat. Jetzt sucht man die Umarmungen.

Aber auch für die Landesregierung zeichnen sich Veränderungen ab: Am Kabinettstisch fiel vielen Anwesenden eine Neuerung sofort ins Auge. „Oh, gibt es jetzt Cola“, fragte Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne). Ja, der neue Ministerpräsident ist Fan des koffeinhaltigen Kaltgetränks – allerdings in der light-Variante. „Neue Zeiten brechen an“, kommentierte Lies selbst diese Entwicklung im Kabinetts-Catering.
Doch es gibt auch Konstanten im Kabinett – zum Beispiel, dass Staatssekretär Frank Doods verlässlich zu spät kommt. Mir selbst war diese Information noch neu, doch der einstudierte „Mahlzeit!“-Chor der Kabinettsmitglieder lässt eine Wiederholungstat vermuten. Olaf Lies witzelte: „In der Zeit hätte ich noch 43 Menschen umarmen können.“
Die Umarmungen des neuen Ministerpräsidenten sind so eine Sache für sich. Wie mir eine liebe Kollegin mit besserem Sichtfeld berichtete, konnte sich Oppositionsführer Sebastian Lechner bei seiner Gratulation kaum gegen die Umarmung des neuen Regierungschefs wehren, während AfD-Fraktionschef Klaus Wichmann gegen seinen Willen keine Umarmung bekam. Die Bilder – so wichtig!

Was die Inszenierung angeht, dürfte sich mit Olaf Lies so manches ändern. „Ich bin hier heute die Wichtigste“, rief am frühen Nachmittag die Social-Media-Redakteurin der Staatskanzlei selbstbewusst vor den Stufen des Landtags. Sie koordinierte gerade die Aufstellung der Regierungsmannschaft auf der Portikustreppe. Parallel dazu konnte man beobachten, wie aus dem Insta-Kanal von Stephan Weil allmählich jener von Olaf Lies wurde – während der von Olaf Lies nach und nach die Züge von Grant Hendrik Tonne annahm. Der Regierungsumbau vollzog sich an diesem Dienstag auch im Social Web.
Und jetzt? Um es mit Justizministerin Kathrin Wahlmann zu sagen: „So, wollen wir es mal mit Arbeiten versuchen?“ Unsere Themen:
Im niedersächsischen Landtag folgt an diesem Mittwoch nun die Aussprache zur Regierungserklärung. Und dann geht es (endlich wieder) an die Sacharbeit. Kommen Sie gut im Arbeitsmodus an!
Ihr Niklas Kleinwächter