
In einer gemeinsamen Initiative haben sich sieben Energieversorger und Stromnetzbetreiber an den Landtag gewandt und vehement für eine Beschleunigung der Energiewende geworben. Die bisherigen Abläufe seien teilweise „unvertretbar“, sagte Stefan Dohler, Chef des Oldenburger Energieversorgers EWE. Er schilderte den Fall der Planung von Windkraftanlagen, die häufig noch auf den letzten Wochen vor der erwarteten Genehmigung aufgehalten werden. Dabei habe man schon absurde Beispiele erlebt. So habe eine kommunale Behörde gefordert, ein Gutachten über die Flugbewegung von Fledermäusen bei Regen nachzuliefern. „Dass Fledermäuse bei Regen gar nicht fliegen, konnte das Amt nicht davon abbringen“, berichtet Dohler.
In einem anderen Fall sei ein auf 148 Meter angelegtes Windrad deshalb nicht genehmigt worden, weil der Sockel etwas zu hoch war und die maximale Höhe daher um einen Meter überschritten worden sei. Dohler führt solche Blockadehaltungen kommunaler Genehmigungsbehörden auf eine massive Verunsicherung der Behörden zurück, die fürchteten, in jedem Fall mit einer Klage konfrontiert zu werden. Das mache sie unsicher. Auf der anderen Seite werde der Naturschutz oft dazu genutzt, Einwände spät vorzutragen und eine absehbare Umsetzung einer Anlage im letzten Moment noch zu verzögern.
In einem Thesenpapier haben sich neben EWE die Unternehmen Amprion, Alterric, Tennet, Avacon, Westenergie und Westfalen-Weser-Energie zusammengetan. Die Chefs Marten Bunnemann (Avacon), Tim Meyerjürgens (Tennet), Klaus Wewering (Amprion) und Dohler von EWE stellten nun einen Forderungskatalog vor. Darin sind mehrere Punkte enthalten:
In den verschiedenen Vorschriften auf Bundes- und Landesrecht solle festgelegt werden, dass Einwände von einem bestimmten Stichtag an nicht mehr im Verfahren vorgebracht und auch nicht mehr eingeklagt werden können. Auf diese Weise könne erreicht werden, dass von einem bestimmten Zeitpunkt an nur noch die dann schon vorgetragenen Argumente in einem Genehmigungsverfahren gewichtet werden. Falsch sei auch das Hintereinander verschiedener Planungen wie Raumordnungsverfahren, Planfeststellungsverfahren, Bundesfachplanung und Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Diese Verfahren sollten kombiniert und damit zeitlich gestrafft werden. Die UVP müsse nicht mehrfach stattfinden.
Die Wirtschaftsvertreter loben zwar, dass für den Bau von Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen von der Ampelkoalition in Berlin eine Beschleunigung erreicht werden, da sie künftig von „überragendem öffentlichen Interesse“ sein sollen. Tennet-Chef Meyerjürgens und Amprion-Manager Wewering beklagen aber, dass eine entsprechende Regel für den Ausbau der Stromnetze noch fehle. Laut Meyerjürgens sollte der Bau der Südlink-Gleichstromtrasse eigentlich schon dieses Jahr beginnen, man befinde sich aber „noch immer im Genehmigungsverfahren“. Wewering sagt, es wäre schon eine Hilfe, wenn die Sonder-Regeln für Autobahnen auch für Stromtrassen gelten würden.
Wewering schlägt vor, sich ein Beispiel am Bau der Tesla-Autofabrik in Brandenburg zu nehmen, wo der Investor einen vorzeitigen Baubeginn riskiert habe – dort allerdings auf eigenes finanzielles Risiko. Der Amprion-Chef meint, dass Behörden signalisieren sollten, dass „nach Sichtung aller Einwände“ alle wesentlichen Fragen vorgetragen sind – und dann solle man auch schon vor Erteilung der Genehmigung mit dem Bau beginnen können. Dohler ergänzt jedoch, die Firmen könnten nicht das Risiko selbst übernehmen.
Die „Legalplanung“ besagt, dass der Bundestag ein Projekt beschließen würde und dagegen nur noch vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt werden könnte. Laut Wewering und Meyerjürgens fordern die Unternehmen diesen Weg aber nicht. Erstens sei eine Legalplanung nicht wirklich eine Beschleunigung, da die Vorarbeiten für die Planung auch sehr langwierig und zeitaufwendig seien. Zweitens sorge das Netzausbaubeschleunigungsgesetz schon heute dafür, dass man gegen die Pläne nur noch vor einer Gerichtsinstanz, dem Bundesverwaltungsgericht, klagen könne. Der Nutzen der „Legalplanung“ bestehe also gar nicht.
Laut Meyerjürgens wäre es gut, wenn etwa über die Verteilung der Gewerbesteuer auch jene Kommunen, in denen neue Anlagen der Erneuerbaren Energien entstehen, besser berücksichtigt werden als bisher. Außerdem bräuchten die Planungsbehörden für die Genehmigungen mehr gut qualifizierte Mitarbeiter. Die wichtigste Währung sei aber Vertrauen, und wenn vor Ort etwa ein Bundestagsabgeordneter gegen neue Anlagen mobil mache, dann koste das viel Zustimmung, wecke Zweifel und sei kontraproduktiv. Für Tennet sei oberstes Gebot, mit Transparenz und frühestmöglicher Bürgerbeteiligung die Vorhaben zu planen. Dohler meint, eine lange Planungsdauer gefährde ein Projekt: „Dann werden die Nörgler noch nörgeliger und es wachsen die Zweifel an der Notwendigkeit des Vorhabens.“