14. Nov. 2018 · 
Finanzen

Straßenausbaubeiträge : SPD und CDU fast einig

Die FDP fordert schon seit Monaten, den Kommunen das Recht zu nehmen, von den Anliegern Beiträge für den Ausbau von Straßen zu verlangen. Mindestens 40 Bürgerinitiativen kämpfen inzwischen landesweit für dieses Ziel. In etlichen Kommunen wurden bereits Grundsatzbeschlüsse gefasst, auf solche Beiträge zu verzichten – auch die Landeshauptstadt Hannover peilt diesen Weg jetzt an. Aber die Aussichten dafür, den Kommunen per Landesgesetz derartige Beitragserhebungen zu untersagen, stehen schlecht. Gestern debattierte der Landtag auf Antrag der FDP noch einmal über das Thema. Zwar erklärte CDU-Fraktionsvize Uwe Schünemann, dass seine Partei sich noch nicht endgültig entschieden habe und auch die gesetzliche Abschaffung noch eine Option sei. Doch er selbst plädiere für einen anderen Weg: Die Kommunen sollten weiterhin die Chance haben, die Anliegerbeiträge zu kassieren. Aber wenn das geschehe, müssten einschränkende Bedingungen im Gesetz formuliert werden. Der Koalitionspartner SPD sieht das ähnlich und hat, wie Innenexperte Bernd Lynack erklärte, schon einen konkreten Vorschlag.
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Auslöser für die Debatte war zunächst der Vorstoß der FDP. Sie regt an, die Kommunen mit 50 Millionen Euro jährlich dafür zu entschädigen, dass ihnen die Möglichkeit zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen genommen wird. Die Summe sei angemessen, da im sehr viel größeren Nordrhein-Westfalen 120 Millionen Euro als jährlicher Ausgleich beschlossen worden seien. „Dann muss die Summe für Niedersachsen ausreichend sein“, sagt der FDP-Innenpolitiker Jan-Christoph Oetjen. Wie die Landesregierung auf eine FDP-Anfrage mitgeteilt habe, hätten die Kommunen bisher jährlich 37 Millionen Euro aus diesen Beiträgen eingenommen. Der CDU-Experte Schünemann widersprach Oetjens Berechnungen: In Bayern habe man nach der Änderung des Gesetzes einen großzügigen Ausgleichsbetrag für die Kommunen versprochen. Es sei dort aber ein langwieriger und immer noch nicht abgeschlossener Streit darüber entstanden, wie eine Entschädigung für die – oft nur theoretischen – Einnahmeausfälle der Gemeinden gestaffelt werden kann. Der SPD-Politiker Lynack erklärte, man könne einen „fairen niedrigen Zinssatz“ ansetzen, wenn Anlieger höhere Beträge zu entrichten hätten. Bisher gilt hier die Vorgabe von sechs Prozent jährlich, die der FDP-Politiker Oetjen aber nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs für „nicht rechtens“ einstuft. Die Stundung der Beiträge kann laut Lynack zudem verlängert werden, schließlich sei die Möglichkeit für die Kommunen, für den Straßenausbau nicht einmalige, sondern wiederkehrende Beiträge zu kassieren, ein Weg zur Senkung der Belastungen für Anlieger. Schünemann indes erwähnt noch ein paar weitere Stellschrauben, an denen man in einem geänderten Gesetz drehen könne: Die Ratenzahlung ließe sich auf bis zu 20 Jahre ausdehnen, auf Zinsen könne man womöglich ganz verzichten. Wenn man den Kommunen die Führung eines Straßenregisters auferlege, könne man den Erhaltungszustand der Straßen darin ablesen. Damit ließe sich ein derzeit immer wieder beklagter Missbrauch verhindern – nämlich der, dass Kommunen 30 Jahre lang die Unterhaltung einer Straße verschleppen, damit sie diese dann von Grund auf ausbauen und dafür kräftig die Anlieger heranziehen können. Schließlich regt Schünemann an, eine Obergrenze für die Beiträge festzulegen, damit nicht Grundstücke mit langgezogenen Straßenfronten zu stark belastet werden. Der FDP-Politiker Oetjen nennt die Vorschläge einer Stundung „eine Mogelpackung“, da dann die Erben belastet würden. Während Belit Onay (Grüne) Zweifel an den Reformplänen der Koalition äußert, liegt Peer Lilienthal (AfD) nahe bei der FDP: „Die Kommunen müssten verpflichtet werden, genau zugeben, in welcher Weise sie das von den Anwohnern kassierte Geld ausgeben.“
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #203.
Martin Brüning
AutorMartin Brüning

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