Einen sehr weitreichenden Vorschlag hat der Präsident des Bundes der Steuerzahler (BdSt) in Niedersachsen, Bernhard Zentgraf, am Mittwoch in der Landespressekonferenz vorgetragen: Nach den Vorstellungen seiner Organisation sollen die kommunalen Wahlbeamten – also Bürgermeister, Landräte und Dezernenten mit Wahlbeamtenstatus – nicht länger in das Beamtenverhältnis aufgenommen werden. Für sie solle stattdessen ein eigenes Statusrecht geschaffen werden, ein öffentlich-rechtliches Amtsverhältnis, das die Kommune mit den Betreffenden über jeweilige Verträge schließen soll. Hintergrund des Vorschlags sind die Unwuchten, die Zentgraf in den aktuellen Versorgungsansprüchen erkennt: Wenn bisher Bürgermeister oder Landräte nach Ablauf ihrer ersten fünfjährigen Amtszeit aus dem Amt scheiden, haben sie sofort Anspruch auf eine lebenslange Versorgung in Höhe von 35 Prozent ihres letzten Gehaltes – unabhängig vom Lebensalter. Die Pension wird im vollen Umfang auch dann gezahlt, wenn der Betreffende einen neuen Job in der staatlichen Verwaltung annimmt – und zwar bis zu der Höhe des im damaligen Wahlamt erzielten Einkommens. „Das ist heute nicht mehr vermittelbar und sollte geändert werden“, betonte Zentgraf. Der Steuerzahlerbund stützt sich auf ein Gutachten des langjährigen Besoldungsexperten der Landesregierung, Martin Ritter, der den Ist-Zustand detailliert ermittelt hat und dazu ein Büchlein veröffentlicht hat.

Zentgraf sagt, dass das erworbene Ruhegehalt nach fünfjähriger Amtszeit je nach Besoldungsstufe des Bürgermeisters zwischen 2503 und 4270 Euro monatlich betrage. „Ein Durchschnittsverdiener müsste mindestens 73 Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, um auf eine Rente dieser Größenordnung zu kommen.“ Die Ursache liege im Beamtenrecht, das eigentlich von der lebenslangen Tätigkeit der Beamten ausgehe, darauf sei auch das aus dem Grundgesetz abgeleitete Alimentationsprinzip bezogen. Das Bundesverfassungsgericht habe vor Jahren Ausnahmen von der lebenslangen Tätigkeit zugelassen mit Blick auf die politischen Begrenzungen – wie sie etwa auf Bürgermeister als Wahlbeamte oder auch auf politische Beamte wie Staatssekretäre gelten. Da man aber auf den Grundprinzipen der staatlichen Alimentation beharre, seien spendable Versorgungsregeln geschaffen worden. Zentgraf meint nun, Niedersachsen verhalte sich hier gegenüber seinen kommunalen Wahlbeamten besonders großzügig, andere Bundesländer seien restriktiver. Was ihn nachdenklich stimme, so Zentgraf, sei die öffentliche Reaktion auf die in jüngster Zeit öfter bekannt gewordenen Entscheidungen von Bürgermeistern und Landräten, auch nach kurzen Amtszeiten nicht erneut kandidieren zu wollen. Das werde „wie selbstverständlich hingenommen“, und das wohl auch, da viele Bürger sich über die üppigen Versorgungsregeln ihrer kommunalen Repräsentanten nicht im Klaren seien. „Wenn man aber gleichzeitig darüber spricht, dass die Lebensarbeitszeit verlängert werden soll, dann passt das nicht mehr überein“, sagt Zentgraf.
Der Reformvorschlag sieht nun vor, die aktuellen Bezüge der Bürgermeister kräftig aufzubessern. „Vielleicht um ein Drittel“, sagt Zentgraf. Der Bürgermeister einer Stadt zwischen 40.000 und 60.000 Einwohnern, der jetzt B6 (also rund 10.000 Euro monatlich) erhalte, würde dann 13.000 Euro bekommen. Im Gegenzug aber solle er keine Versorgungsansprüche mehr haben, müsse sich also selbst um eine Altersabsicherung kümmern und diese aus seinem aktiven Einkommen finanzieren. Zentgraf spricht auch von „Übergangsregeln“ für den Fall, dass ein Bürgermeister sich nach kurzer Amtszeit mit dem Rat überwirft und abgewählt wird. Geregelt werden müsse auch, dass Beamte problemlos für einige Zeit als Bürgermeister arbeiten und dann wieder in den öffentlichen Dienst zurückkehren können, ohne ihre dortigen Altersansprüche einzubüßen. Viel spreche zudem dafür, dem Vorschlag der Kommunalverbände zu folgen und die Amtszeit der Bürgermeister und Landräte von derzeit fünf wieder auf acht Jahre zu erhöhen. Nicht zuletzt lohne auch eine Diskussion darüber, ob für politische Beamte wie Staatssekretäre eine ähnliche Statusänderung wie die jetzt für kommunale Wahlbeamte vorgeschlagene in Betracht kommen könnte. Allerdings sieht Zentgraf einen wichtigen Unterschied: „Das Versorgungsrecht für frühere Staatssekretäre ist bereits stark geändert worden. Das für Bürgermeister und Landräte indes noch nicht.“
Der Präsident des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes, Marco Trips, nannte die Aussagen Zentgrafs „unsäglich“: „Die Belastungen der Bürgermeister gehen weit über das Normalmaß in der immer wieder fälschlich herangezogenen Privatwirtschaft hinaus. In der Privatwirtschaft würde eine derartige Verantwortung mit weitausaus höheren Gehältern bezahlt. So muss die Absicherung bei einer Abwahl als Gesamtpaket gesehen werden. Das immer wiederkehrende Eindreschen des Steuerzahlerbundes auf unsere hochverdienten Amtsträger jetzt kurz vor dem Kommunalwahlkampf schadet unserem Gemeinwesen, der politischen Diskussion und verkennt die Situation völlig. Demokratie kostet Geld – sie sollte es uns wert sein“, betonte Trips.