1. Mai 2025 · 
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Steffen Seibert: Die Deutschen müssen sich bei antisemitischen Tendenzen auf die Seite Israels stellen

Foto: Wallbaum

Steffen Seibert, ehemaliger Regierungssprecher und jetzt Deutschlands Botschafter in Israel, hat auf die besonderen deutsch-israelischen Beziehungen aufmerksam gemacht. Seibert wurde zu einer Diskussionsveranstaltung des Kirchentags zum Thema "Das Ringen um Worte" per Video zugeschaltet. Eine Debatte sollte sich um die Frage drehen, ob angesichts des Nahost-Krieges und des gewaltsamen Vorgehens von Israel gegen die Menschen im Gaza-Streifen noch von deutsch-israelischer Solidarität gesprochen werden könne. Seibert sagte, seit dem brutalen Hamas-Überfall auf Israelis am 7. Oktober 2023 befinde sich Israel im Ausnahmezustand, es herrsche eine gedrückte Stimmung, viele Bürger seien auch wütend auf die Politik der Regierung von Benjamin Netanjahu. Seibert sagte: "Es ist die Aufgabe der Deutschen, den Israelis zu zeigen, dass wir auf ihrer Seite sind, wenn sich der Antisemitismus zeigt." Die Hamas sei eine Terrororganisation, die den Interessen der Palästinenser schade. Eine Zwei-Staaten-Lösung sei immer noch sinnvoll und richtig, wenn sie gegenwärtig auch unrealistisch erscheine. Die Bundesregierung werde in Israel als "Freund" angesehen, und so sei auch intern die Äußerung deutlicher Kritik möglich und üblich. Ein offener Meinungsaustausch bestehe daneben mit sehr vielen israelischen Nicht-Regierungsorganisationen. Als die Zuschaltung von Seibert beendet wurde, holten die Kirchentag-Organisatoren die Schriftstellerin Eva Menasse auf die Bühne, die eine konträre Haltung vertrat: Sie sprach von "Missbrauch der Erinnerung" in der Debatte über Antisemitismus, der als Vorwurf "inflationär" verwendet werde. Die Regierung Netanjahus sei "rechtsfaschistisch und autoritär", im Gaza-Streifen werde "die Zivilbevölkerung abgeschlachtet". Den "Linksintellektuellen auf der ganzen Welt" warf Menasse vor, sie hätten den Hamas-Terroranschlag von Oktober 2023 "sehr schnell als verständliche Tat der unterdrückten Palästinenser" bezeichnet, was aber nicht so gewesen sei. Zum kontroversen Austausch verschiedener Positionen kam es bei der Veranstaltung nicht.

Dieser Artikel erschien in Ausgabe #082.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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