15. März 2023 · Landwirtschaft

Staudte sorgt sich um Küstenfischer: Das Verbot der Grundschleppnetze soll warten

Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte (Grüne) stellt sich an die Seite der Krabbenfischer in Niedersachsen. Diese Branche, die vor ein paar Jahren noch rund 100 Fischkutter an der Nordsee betrieben hat, fühlt sich durch das drohende EU-Verbot der Grundschleppnetze in ihrer Existenz gefährdet. Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, die sogenannten „Grundschleppnetze“ in FFH-Gebieten ab April 2024 zu verbieten – in allen übrigen Meeresgebieten dann ab 2030. „Ministerin Staudte tritt dafür ein, die geplanten EU-Regeln zur Beschränkung der bisherigen Fischfangmethoden nicht wie geplant umzusetzen“, sagt eine Sprecherin des Agrarministeriums. Die von der EU-Kommission bisher angepeilten Zeithorizonte seien „zu kurz“, im Interesse der Küstenfischer solle es eine längere Übergangsfrist geben. „Die Forschung nach alternativen Fangmethoden muss verstärkt werden“, fügt die Sprecherin des Ministeriums hinzu.

Krabbenfischen für die Forschung: Die Deutsche Allianz für Meeresforschung untersucht in der Nordsee die Auswirkungen der Fischerei mit Grundschleppnetzen auf Meeresschutzgebiete. | Foto: DAM

Die Grundschleppnetze gelten als ökologisch höchst bedenklich. Umweltverbände wie der BUND und der Nabu haben wiederholt darauf hingewiesen, dass diese Netze in mehrfacher Hinsicht schädlich für das Ökosystem Meer sind. Wenn sie auf den Meeresboden kommen und bewegt werden, drohen dort wichtige Naturräume zerstört zu werden. Es werden Plattfische, Seezungen und Schollen aufgescheucht und gefangen, als „Beifang“ können sie nicht genutzt werden und werden häufig getötet. Das nächste Problem sind Netze, die beim Fang verloren gehen und im Meer bleiben. Ebenso wie andere Plastik- und Kunststoffteile sind auch diese Netze gefährlich für Meerestiere, die sie in ihren Organismus aufnehmen.

Die Verschmutzung der Meere mit Stoffen, die dort nicht hingehören, wird nach Einschätzung von Naturschützern auch durch die Anwendung solcher Fangnetze gefördert. Die Wissenschaft ist noch nicht so weit, günstige und praktikable Alternativen zu den herkömmlichen Fangmethoden zu bieten. Möglich wäre das schon, beispielsweise sind tierfreundliche Reusen entwickelt worden, die es ermöglichen, viele zunächst aufgenommene und nicht zum Fang beabsichtigte Fische in Käfigen zu halten, aus denen sie später wieder befreit werden können. Solche Methoden sind allerdings bisher wohl noch zu teuer, um wirtschaftlich zu sein.

Die Krabbenfischer sehen sich nicht nur durch das geplante EU-Verbot für die Grundschleppnetze bedroht, das womöglich schon 2024 beschlossen werden soll, sondern auch durch die bereits vorhandenen und perspektivisch noch ausgeweiteten Schutzgebiete. Zwei Drittel der Meeresfläche, auf denen Küstenschiffer sich bisher bewegen dürfen, sind Schutzgebiete. Dazu zählen auch der Nationalpark Wattenmeer und mehrere Areale, die zu „Natura 2000“ gehören.

Mitte Februar hatten sich die Krabbenfischer zuletzt an die Öffentlichkeit gewandt mit einer Mahnung. Zuvor waren für Teilflächen des Sylter Außenriffs, des Borkumer Riffgrundes, der Doggerbank und der östlichen Deutschen Bucht strengere Auflagen verfügt worden – dort sind die Zeiten und Methoden der Fischer strenger reglementiert. Zur Begründung erklärte das Bundeslandwirtschaftsministerium, dass hier die wichtigsten Aufzuchtgebiete für Schweinswale liegen, außerdem Überwinterungs- und Nahrungsgebiete für viele Seevogelarten.

Dirk Sander | Foto: Erzeugergemeinschaft der Deutschen Krabbenfischer GmbH

Vom Fangverbot auf der Amrumbank sind vor allem die Krabbenfischer betroffen, ihr Sprecher Dirk Sander, Vorsitzender des Fischereiverbandes Weser-Ems, sagte neulich im NDR: „Jeder Fanggrund, der wegfällt, ist eine Katastrophe.“ Nicht nur die Ausweisung neuer Schutzgebiete und die Einschränkung der Fangmethoden belaste die Branche, sondern zudem noch das Abkippen von Baggergut und der Neubau von Windparks. Niedersachsens Agrarministerin Staudte fährt am heutigen Donnerstag nach Neuharlingersiel und trifft sich mit Vertretern des Fischereiverbandes. Diese hatten sich schon Anfang März gemeldet und gewarnt: Wenn man die Arbeitsbedingungen der Krabbenfischer zu stark einenge, drohe das Aus für viele Betriebe – und der Import von Krabben aus fernen Ländern nehme zu.

Dieser Artikel erschien am 16.3.2023 in Ausgabe #049.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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