Die Frage nach den gesetzlichen Regeln für eine Verschuldung der Kommunen dürfte nun erneut zu einem Streit zwischen dem Niedersächsischen Städtetag (NST) und dem Niedersächsischen Landkreistag (NLT) führen. Grund dafür ist ein aktueller Vorstoß des Städtetages. Eine Ausnahmevorschrift, die mit den Folgen des Ukraine-Krieges begründet war, läuft laut Gesetz Ende Juni dieses Jahres aus. Nun fordert das Präsidium des NST, diese Regel zu verlängern – und zwar mit Bezug auf die angespannte finanzielle Lage der Krankenhäuser. Die Kommunen würden derzeit „in die Rolle des Ausfallbürgen gedrängt“, sagt NST-Präsident Frank Klingebiel (CDU), Oberbürgermeister von Salzgitter. Daher solle das Land die Kommunalverfassung ändern und eine erleichterte Kreditaufnahme für die Krankenhaus-Finanzierung ermöglichen. Noch einen zweiten Vorschlag unterbreitet der NST, nämlich einen, den bereits vor Monaten der CDU-Fraktionsvorsitzende Sebastian Lechner vertreten hatte: Das Land könne Kreditprogramme verbürgen, die von den Kommunen zur Stabilisierung der Krankenhäuser genutzt werden – und die N-Bank könne die Darlehen vergeben. Im Beschluss des NST ist nun von „Kreditprogrammen einer Landesbank“ die Rede, neben der N-Bank käme damit also auch die Nord/LB in Betracht.
Die Forderungen des NST berühren nun einen empfindlichen Punkt, nämlich das Regelwerk des Landes für die kommunale Verschuldung. Als die Corona-Pandemie ausbrach und sich in den kommunalen Eigenbetrieben erhebliche Defizite auftürmten, beschloss der Landtag in der Kommunalverfassung eine Ausnahmevorschrift: Die Corona-Schulden sollten nicht wie sonst üblich binnen sechs Jahren, sondern in einem Zeitraum von bis zu 30 Jahren getilgt werden müssen. Herrschte darüber unter den Kommunalverbänden noch Einigkeit, so sorgte die Verlängerung der Vorschrift – jetzt mit der Begründung der „Kosten des Ukraine-Krieges“ - im September 2022 für Streit. Der NST forderte die Fortsetzung der Ausnahmeregel mit der neuen Begründung, der NLT lehnte es ab. Inzwischen ist dazu eine NLT-Klage vor dem Staatsgerichtshof anhängig, ein Urteil fällt am 2. Mai. Im Kommunalverfassungsgesetz läuft die 30-Jahre-Regel Ende Juni 2024 aus, und nun will der NST ein drittes Mal die Verlängerung, diesmal nicht mehr mit Corona oder Ukraine-Krieg begründet, sondern mit der prekären Lage der Kliniken.
Würde der Landtag dem NST-Vorschlag folgen – auch gegen die erwarteten Bedenken des NLT -, so würden Kredite der Kommunen zur Stützung der Krankenhäuser leichter aufgenommen werden können, da ihre Rückzahlung dann nicht in sechs, sondern erst in 30 Jahren fällig würde. Laut Städtetag-Vizepräsident Jürgen Krogmann (SPD) sind bisher die Hilferufe der Kommunen beim Land „ungehört“ geblieben. Allein die Mitgliedskommunen des NST hätten bisher 600 Millionen Euro in die defizitgeplagten Kliniken stecken müssen, davon seien 360 Millionen Euro auf nur zehn Städte entfallen. Landes-Sozialminister Andreas Philippi (SPD) verweist bisher stets auf den Bund als diejenige Stelle, die für den laufenden Betrieb der Kliniken die nötigen Mittel aufbringen müsse. Doch mit allen Vorschlägen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sind die Länder und Kommunen höchst unzufrieden.