Die Minister sind für die Außendarstellung da, auch für neue Impulse und vor allem für die Kommunikation. Nach innen aber, wenn es um die Frage geht, wer ein Ministerium führt, ist die Rolle der Staatssekretäre nicht zu unterschätzen. Sie heißen oft auch „Amtschefs“ und bilden die eigentliche Spitze des Hauses. Im Idealfall laufen alle Fäden der Verwaltungsarbeit eines Ministeriums beim Staatssekretär zusammen, er hat den Überblick, kennt die Stärken und Schwächen der einzelnen Referate und ihrer Leiter, teilt die Kräfte ein und überwacht die Arbeit. Er schafft auch die inoffiziellen Umwege, die eine effektive Arbeit erleichtern. Das ist eine wichtige Managementaufgabe in der öffentlichen Verwaltung, und politisch ist es obendrein. Ein guter Staatssekretär muss so politisch ticken wie ein Minister oder der Ministerpräsident – und wenn es gut läuft, harmoniert der Minister auch mit seinem Staatssekretär, dann ist er der wichtigste Berater des Ministers.
Nicht immer sind die Verhältnisse so effektiv geregelt. Es soll Fälle geben, in denen ein neuer Minister einen Staatssekretär berufen musste, der eher nach dem Geschmack des Ministerpräsidenten als nach seinem war. Oder Situationen, in denen die Zugehörigkeit des Staatssekretärs zu einer regionalen Parteigliederung den Ausschlag für seine Ernennung gegeben hat, nicht das Vertrauensverhältnis zum Minister und auch nicht die Qualifikation. Wie auch immer: Die Sache mit den Staatssekretären, den höchsten Beamten im Ministerium, ist keine einfache, sondern eine mit vielen Fallstricken behaftete Angelegenheit. Noch eine Schwierigkeit kommt hinzu, die begründet ist in der Veränderung der Versorgungsregeln für Staatssekretäre, die vor mehr als zehn Jahren in Niedersachsen eingeführt worden war. Wenn Staatssekretäre aus dem Amt scheiden (was nach einem Regierungswechsel oft der Fall ist, da die Staatssekretäre als politische Beamte ohne Angaben von Gründen entlassen werden können), erhalten sie ein Übergangsgeld – maximal drei Jahre lang. Danach schließt sich eine Altersversorgung nur dann an, wenn sie bereits das Ruhestandsalter erreicht haben. Vor der bisher letzten Reform in dieser Sache waren die Versorgungsregeln für Staatssekretäre lukrativer, jetzt heißt es schon seit geraumer Zeit: Nach maximal drei Jahren endet das Ruhestandsgehalt. Zunächst haben sie noch eine ziemlich gut abgesicherte Stellung in Höhe von 71,75 Prozent ihrer bisherigen Bezüge. Danach folgt das „normale“ Ruhegehalt, das individuell verschieden und wesentlich niedriger sein kann.

Die Folge ist, dass die Rolle eines Staatssekretärs, des höchsten Beamten in einem Ministerium mit der Spitzenbesoldung schlechthin (B 9), für jüngere Laufbahnbeamte wenig erstrebenswert ist. Mal angenommen, ein ehrgeiziger und fähiger Beamter aus einem Ministerium wird mit 45 zum Staatssekretär berufen, wird also dann der Behördenchef mit wichtigen Aufgaben und hoher Personalverantwortung. Wenn sich dann nach fünf Jahren seine Partei aus der Regierung verabschieden muss und er als Staatssekretär aufhört, ist er 50. Maximal drei Jahre lang hätte er noch ein recht üppiges Ruhegehalt, danach aber dann nichts mehr. Wenn er zuvor als Referats- oder gar Abteilungsleiter in einem Ministerium gearbeitet hat, also nach B 3 oder gar B 6 besoldet war, kann er in seinem Karriereweg meistens nicht daran anknüpfen. Denn vor der Berufung als politischer Beamter, zu denen die Staatssekretäre gehören, musste er als Laufbahnbeamter ausscheiden. Damit konnte seine bisherige Laufbahnstelle neu besetzt werden, der Anspruch auf Rückkehr in die alte Funktion des öffentlichen Dienstes ist weder rechtlich noch faktisch gegeben. Ein Neuanfang ist für ihn dann nur in der Privatwirtschaft möglich, bei einem Unternehmen oder einem Interessensverband.
Es hat auch frühere Staatssekretäre gegeben, die an die Spitze des Landesrechnungshofs oder eines Oberlandesgerichts gelangt sind. In vielen Fällen jedoch bot sich für die Betroffenen ein solcher Weg wegen fehlender Umstände oder Möglichkeiten nicht an. So dürfte sich ein Referatsleiter in einem Ministerium mit 45 überlegen, ob er das Angebot auf ein Staatssekretärsamt nach B 9 annimmt – oder lieber doch auf seinem Posten bleibt. Im ersten Fall kann es sein, dass er nach wenigen Jahren aus der Landesverwaltung ausscheiden muss, im zweiten Fall kann er auf eine Beförderung zum Abteilungsleiter nach B 6 hoffen, ein Amt, das man ihm anschließend bis zum Eintritt in den Ruhestand nicht mehr nehmen kann. Die Gefahr eines Amtsverlusts bei Regierungswechseln besteht nur für Staatssekretäre und andere politische Beamte (so etwa die Landesbeauftragten für regionale Entwicklung oder die Polizeipräsidenten), nicht aber für die Ebene unterhalb der Staatssekretäre, die der Abteilungsleiter. Sonderregeln gibt es seit einigen Jahren für Richter, die neue Staatssekretäre werden – sie können ihr Richteramt ruhen lassen. Damit besteht für sie schon die Möglichkeit, nach dem Ende des Ausflugs in die Landespolitik auf ihre alte Richterstelle zurückzukehren.

Schaut man auf die Riege der 13 Staatssekretäre, die in der neuen rot-grünen Landesregierung tätig sind, so fällt der hohe Altersdurchschnitt auf. Fünf von ihnen haben die 60 schon überschritten, davon drei, die jetzt neu berufen wurden. Drei sind 59 Jahre alt, drei sind zwischen 55 und 57. Zwei von den Grünen benannte Staatssekretäre stechen wegen ihrer relativen Jugendlichkeit heraus – Marco Hartrich (50), bisher Vorsitzender Richter am OLG Celle, und Anka Dobslaw (42), bisher Vize-Abteilungsleiterin in der Berliner Senatsverwaltung für Umwelt. Damit hat die Staatssekretärsriege ein Durchschnittsalter von 57,5 Jahren. Zum Vergleich: Die Ministerriege der neuen Landesregierung hat einen Altersdurchschnitt von 48,2 Jahren. Also sind die Staatssekretäre im Schnitt zehn Jahre älter als ihre Minister. Darin kann man einen großen Vorteil sehen – denn erfahrene Beamte bringen einen großen Erfahrungsschatz mit - sowohl fachlicher Art wie in der Kenntnis von Verwaltungsabläufen. Außerdem dürfte die Chance, dass ihnen gegenüber Respekt gezeigt wird, größer sein. Abstriche muss man womöglich beim Erneuerungs- und Gestaltungswillen machen. Der eigentliche Grund, warum so viele Staatssekretäre nahe 60 sind oder dieses Alter schon überschritten haben, liegt aber wohl darin, dass viele von ihnen nach Ablauf einer Wahlperiode im Ruhestandsalter sind und ein Ausscheiden aus dem Amt problemlos verkraften könnten. Sie brauchen dann keine berufliche Auffanglösung mehr. Man kann es aber auch negativ ausdrücken: Das Beamtenrecht bietet für jüngere Beamte, die in Spitzenpositionen kommen wollen, wenig Möglichkeiten. Der Wechsel zwischen den politischen Beamten und den Laufbahnbeamten ist viel zu starr organisiert, flexible Übergänge sind extrem schwer.