Der für den 20. Mai geplante Wechsel im Amt des Ministerpräsidenten nimmt bereits vorher konkrete Formen an. Wie Regierungssprecherin Anke Pörksen am 2. April in der Landespressekonferenz mitteilte, wird der bisherige Chef der Staatskanzlei, Jörg Mielke, gemeinsam mit Ministerpräsident Stephan Weil am 20. Mai aus dem Amt scheiden. Neuer Chef der Staatskanzlei unter dem designierten Ministerpräsidenten Olaf Lies soll der bisherige Wirtschafts-Staatssekretär Frank Doods werden. Mielke wollte – wie aus Regierungskreisen verlautet – bereits vor einem Jahr aus dem Dienst ausscheiden. Da dies auf dem Höhepunkt der Büroleiter-Affäre war, sah er damals von diesem Schritt ab, damit sein Rückzug nicht als Schuldeingeständnis gewertet wird. Jetzt geht er gemeinsam mit Weil. Die beiden kennen sich seit Studienzeiten, Mielke war seit Beginn von Weils Ministerpräsidentschaft eng an seiner Seite.
Regierungssprecherin Pörksen, die ebenfalls seit 2013 an Weils Seite agiert, bleibt vorläufig auf ihrem Posten. „Das kann noch ein halbes Jahr oder ein Jahr sein“, sagte sie. Der bisherige Sprecher des Wirtschaftsministeriums, Christian Budde, soll in die Staatskanzlei wechseln und dort an Pörksens Seite arbeiten. Ob Budde versetzt oder abgeordnet wird, sei noch nicht geklärt. Die Staatskanzlei hätte dann vermutlich vier Sprecher. Bis Ostern will Lies zudem Klarheit über sein neues Kabinett gefunden haben. Nach Rundblick-Informationen werden die Veränderungen hier zunächst begrenzt bleiben – es geht um einen neuen Wirtschaftsminister und um eine Veränderung an der Spitze des Europaministeriums. Ministerin Wiebke Osigus gilt als überfordert. Der SPD-Parteibezirk Hannover, der bisher den Ministerpräsidenten und auch die Europaministerin stellte, pocht darauf, dass die Nachfolger aus seinen Reihen kommt. Aus dem Parteibezirk Weser-Ems heißt es: Der Ministerpräsident zählt beim Parteiproporz nicht mit, also habe Weser-Ems einen Anspruch auf den Wirtschaftsminister-Posten. Diese Haltung ist aber wenig überzeugend. Erwähnt wird außerhalb von Hannover noch, dass der neue Staatskanzleichef Frank Doods aus Einbeck kommt, also aus dem SPD-Bezirk Hannover. Damit sei Hannover eigentlich schon abgegolten.

Die wahrscheinliche Lösung sieht nun so aus: Wirtschaftsminister wird eine Person aus dem SPD-Bezirk Hannover. Drei Namen werden derzeit intern gehandelt: Regionspräsident Steffen Krach (45), SPD-Landtagsfraktionschef Grant Hendrik Tonne (48) und der hannoversche SPD-Bundestagsabgeordnete Adis Ahmetovic (31). Alle drei vertreten die kommende Generation, da Olaf Lies (57) schon zu den älteren zählt. Für Tonne gilt eigentlich, dass er nicht ins Kabinett will und mit der starken Rolle als SPD-Fraktionschef sehr zufrieden ist. Dort stößt er auf große Akzeptanz und hat eine große Integrationskraft. Tonne lässt es gegenwärtig aber trotzdem zu, dass über ihn spekuliert wird. Vielleicht, um Einfluss auf die Personalauswahl nehmen zu können? Tonnes mögliche Bewerbung kann auch als Signal der SPD-Landtagsfraktion an Lies verstanden werden, die eigenen Landtagsabgeordneten nicht zu übergehen. Krach und Ahmetovic sind noch relativ junge Politiker, die sehr aktiv sind, auf Menschen zugehen und Optimismus verbreiten können. Ähnlich hatte Lies das Wirtschaftsminister-Amt ausgefüllt. Gegen Krach spräche aber, dass sein Wechsel eine vorgezogene Neuwahl des Regionspräsidenten erfordern würde. Ob die SPD diese vorgezogene Wahl gewinnen könnte, etwa mit dem Ronnenberger Bürgermeister Marlo Kratzke als Bewerber für den Regionspräsidenten-Posten, ist ungewiss. Die CDU könnte Hemmingens Bürgermeister Jan Dingeldey dagegen aufbieten. Die vorgezogene Regionspräsidenten-Wahl wäre dann wohl im Herbst 2025, ein Jahr vor der eigentlichen Kommunalwahl. SPD-Generalsekretär Matthias Miersch, der auch im Gespräch für den Wirtschaftsminister-Posten ist, hat wohl signalisiert, lieber in der Bundespolitik bleiben zu wollen. Ein Wechsel von Wissenschaftsminister Falko Mohrs ins Wirtschaftsressort gilt als unwahrscheinlich, da dieser Plan bisher in Parteikreisen mehr Kopfschütteln als Zustimmung ausgelöst hat.

Was das Europaministerium angeht, böte sich als Ersatz für die bisherige Ministerin Wiebke Osigus die derzeitige SPD-Generalsekretärin Dörte Liebetruth an. Sie ist vom Parteibezirk Nord-Niedersachsen, der nach Mielkes Abschied einen wichtigen Posten in der Landespolitik verloren hat. Sollte Liebetruth nicht zum Zuge kommen, könnte auch eine Bundestagsabgeordnete aus Hannover die Osigus-Nachfolge antreten, etwa Marja-Liisa Völlers aus dem Kreis Nienburg. Sie gehört, wie Osigus, zum SPD-Bezirk Hannover. Es könnte für sie womöglich reizvoll sein, das gerade wiedererrungene SPD-Bundestagsmandat gegen ein Ministeramt in Hannover einzutauschen. Lies könnte auch das Europaministerium auflösen und die Abteilungen in die Staatskanzlei eingliedern – wie es bis 2017 der Fall war. Das Problem dabei wäre nur, dass bei der Einsparung des Ministeriums der Frauenanteil im Kabinett sinken würde, und das schmeckt weder den SPD-Frauen noch den Grünen.