25. Apr. 2017 · 
Bildung

Staatsgerichtshof prüft: Hat Heiligenstadt der FDP wichtige Angaben verschwiegen?

Ein alter Fall, der Anfang 2016 im Landtag hohe Wellen schlug, holt Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) wieder ein: Hat die Ministerin, wie es laut Artikel 24 der Landesverfassung ihre Pflicht ist, im Parlament auf eine Anfrage des FDP-Abgeordneten Björn Försterling „nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig“ geantwortet? Es ging um die Besetzung einer Schulleiterstelle, und die FDP meint, Heiligenstadt habe ausweichend und ablenkend reagiert, obwohl sie es doch besser gewusst habe. Also zog die Fraktion vor den Staatsgerichtshof, am gestrigen Dienstag war dazu die Verhandlung in Bückeburg. Die Politikerin wies die Vorwürfe zurück: Försterling habe seinerzeit eine Nachfrage zu einer „dringlichen Anfrage“ seiner eigenen Fraktion gestellt, und diese habe mit dem eigentlichen Thema, der Unterrichtsversorgung, gar nichts mehr zu tun gehabt. Auf abseitige Nachfragen müsse man aber keine Auskunft geben. Deshalb treffe der von der FDP behauptete Verstoß gegen die Verfassung nicht zu. [caption id="attachment_15591" align="aligncenter" width="780"] Politik vor Gericht: Der Staatsgerichtshof in Bückeburg - Foto: JW[/caption] Zwei Stunden lang haben die Richter im Gespräch mit Försterling und FDP-Landeschef Stefan Birkner auf der einen Seite, Heiligenstadt und ihrem Abteilungsleiter Michael Markmann auf der anderen diskutiert. Die Richter wollen ihr Urteil am 8. August verkünden. Worum geht es? Am 21. Januar 2016 wurde in der Landtagssitzung eine Anfrage der FDP-Fraktion behandelt, die sich um Details zur Unterrichtsversorgung in Niedersachsen drehte, also zu der Frage, ob ausreichend Lehrer für die einzelnen Schulformen zur Verfügung stehen. Die fünfte Zusatzfrage, die Försterling dann für seine Fraktion stellte, behandelte einen Einzelfall: Warum eine Lehrerin von der Oberschule in Badenhausen bei Bad Grund ohne Zustimmung des Personalrates und Beteiligung des Landesschulamtes (also auf Weisung des Ministeriums) in ein Göttinger Gymnasium versetzt worden sei – obwohl das zu Lasten der Unterrichtsversorgung in Badenhausen gehe. Spontan antwortete Heiligenstadt nicht darauf, sie erbat Zeit zur Nachforschung – und reagierte am folgenden Sitzungstag des Parlaments. Sie sagte dann, zuständig sei für diesen Fall die Landesschulbehörde, die damit auch befasst sei – und eine Versetzung sei bisher, entgegen der Darstellung in der Frage, nicht ausgesprochen worden. Der Fall entwickelte sich weiter, es gab eine weitere schriftliche Antwort des Ministeriums und die Abgeordneten konnten Einsicht in interne Akten nehmen. Tatsächlich war das Versetzungsgesuch der Lehrerin, wie sich dann herausstellte, zunächst von der Landesschulbehörde abgelehnt worden, anschließend hatte der SPD-Abgeordnete Ronald Schminke im Ministerium nachgehakt, auf Bitten des Ministerbüros wurde dann angewiesen, die Frau doch zu versetzen – was später dann aber nicht geschah. Von der Weisung und der Einflussnahme des Ministeriums hatte Heiligenstadt im Landtag am 21. und 22. Januar 2016 jedoch nichts gesagt. Hätte sie es tun müssen, da sie persönlich zum Zeitpunkt der Antwort über den Fall informiert war und das Ministerium außerdem kurz vor der Plenarsitzung Informationen zugemailt bekommen hatte? Nein, sagen Heiligenstadt und Markmann. Das Ministerium habe an diesem 21. Januar 2016 zur allgemeinen Unterrichtsversorgung Auskunft geben sollen, nicht aber zum konkreten Fall der Versetzung einer Lehrerin. Deshalb sei Försterlings Nachfrage unzulässig gewesen. Birkner wiedersprach: „Die Ministerin hätte ja die Antwort verweigern können, sie hat aber geantwortet. Und wenn sie antwortet, dann folgt aus meinem Verständnis der Landesverfassung, dass sie dann unbedingt die vollständige Wahrheit sagen muss.“ Die FDP spricht von dem Versuch der Ministerin, den Einfluss ihres Hauses auf diesen Fall zu „verschleiern“. Markmann meint hingegen, die Anfrage Försterlings sei „diffamierend“ gewesen, man habe einiges „richtigstellen“ müssen. Darauf Birkner: Es gehe hier um Antworten der Regierung gegenüber dem Parlament, nicht um eine optimale Selbstdarstellung des Kultusministeriums. Staatsgerichtshofpräsident Herwig van Nieuwland und der Berichterstatter Peter Götz von Olenhusen ließen in der Verhandlung nicht erkennen, wie das Urteil in dieser Frage am Ende ausfallen wird.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #78.
Martin Brüning
AutorMartin Brüning

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