Von Martin Brüning

„YEAH! Der nächste SPD-Landesverband ist zu soz.is dem CMS der Squirrel & Nuts GmbH gewechselt! Läuft!“ Das schrieb der Geschäftsführer der Agentur „Squirrel & Nuts“, Erik Flügge, am 9. Mai auf Facebook. Gemeint war die SPD Niedersachsen, die laut Flügge auf das vernetzte Redaktionssystem umgestiegen war. Genauso gut vernetzt wie das Redaktionssystem sind zahlreiche SPD-Landesverbände, Unterbezirke und Kreistagsfraktionen mit der Agentur Squirrel & Nuts, die vor allem für SPD und Grüne arbeitet. Einen großen Erfolg landete die Agentur im NRW-Landtagswahlkampf im Jahr 2012. Mit „Currywurst ist SPD“ gab die Agentur der Kampagne von Hannelore Kraft Schwung.

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Auch in Niedersachsen ist man bei der SPD mit der Agentur, die rund zwölf Mitarbeiter beschäftigt, vertraut. Sie unterstützte im Jahr 2013 den Oberbürgermeister-Wahlkampf von SPD-Kandidat Stefan Schostok in Hannover und 2014 die Kandidatur von Hauke Jagau zum Regionspräsidenten in Hannover. Im Landtagswahlkampf 2013 gab es kleinere Aufträge der Landespartei, wie es bei der SPD in der hannoverschen Odeonstraße heißt. Auch im aktuellen Landtagswahlkampf arbeitete die Agentur „Squirrel & Nuts“ bis vor kurzem noch für die Partei. Inzwischen wurde die Zusammenarbeit aber eingestellt – eine Folge des Eingeständnisses von Ministerpräsident Stephan Weil, dass die Zusammenarbeit zwischen Landesvertretung und Agentur in den vergangenen Jahren offensichtlich nicht ganz sauber war.

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Es ist ausgerechnet die Agentur „Squirrel & Nuts“, die in mehreren Vergabeverfahren der Landesregierung bevorzugt wurde (der Rundblick hatte bereits darüber berichtet). Und es ist Michael Rüter, der gestern entlassene Staatssekretär, der in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle spielt. Der 54-Jährige war bis 2013 Landesgeschäftsführer der niedersächsischen SPD, danach wurde er zum Leiter der niedersächsischen Landesvertretung in Berlin. Dort wurde zum Beispiel im Jahr 2013 der Newsletter in Auftrag gegeben, bei dem der Sieger möglicherweise auf Betreiben Rüters schon vor dem Ende des Vergabeverfahrens feststand: „Squirrel & Nuts“.

Ausweislich der Unterlagen ist nicht erkennbar, wer wann und auf welcher Grundlage die Entscheidung über den Zuschlag getroffen hat

Rüter hatte einem Abteilungsleiter die Kontaktdaten der Agentur geschickt, während das Vergabeverfahren längst lief. Und obwohl „Squirrel & Nuts“ das Angebot erst nach der erforderlichen Frist einreichten, wurden sie dennoch zum Sieger des Verfahrens erklärt. Ganze zwölf Verstöße werden allein in diesem Vergabeverfahren im Teilbericht der Landesregierung an den Untersuchungsausschuss aufgezählt. Dennoch kann nicht aufgeklärt werden, ob sich Rüter am Ende des Verfahrens selbst für den Zuschlag an „Squirrel & Nuts“ eingesetzt hat. „Ausweislich der Unterlagen ist nicht erkennbar, wer wann und auf welcher Grundlage die Entscheidung über den Zuschlag getroffen hat“, heißt es in die Bericht. Ursprünglich ging es in dem Verfahren um eine Auftragssumme von unter 5000 Euro. In der Folge wurde der Auftrag aber massiv erweitert. Am Ende entstanden Kosten von über 60.000 Euro.

Es war nicht der einzige Auftrag aus Rüters Landesvertretung an die Agentur in den vergangenen Jahren. Insgesamt bekam „Squirrel & Nuts“ Aufträge im Wert von rund 150.000 Euro. Die Agentur organisierte zum Beispiel Einladungen zu Veranstaltungen und erstellte die Internetseite für das Aktionsbündnis „Niedersachsen packt an“. Für die Internetseite wurde Ende 2015 schon gar keine andere Agentur mehr angefragt. Das Land zahlte dafür mehr als 27.000. „Es fehlt eine schriftliche Vereinbarung, aus der sich die konkreten Vertragsleistungen entnehmen und damit die abgerechneten Leistungen nachprüfen lassen“, heißt es im Bericht der Landesregierung zu diesem Fall.

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Auch in den Vergabeverfahren unter Rüters Verantwortung gab es die üblichen Verdachtsmomente, die in der Vergabeaffäre inzwischen nicht mehr unbekannt sind. So wurde zum Beispiel seitens des Auftraggebers plötzlich das Tempo bei der Ausschreibung auffällig angezogen. Das war bereits im Fall Kronacher aufgefallen, wo es auch auf einmal ganz schnell gehen musste.

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Bei der Aufklärung der Vorgänge rund um „Squirrel & Nuts“ hatte sich die Staatskanzlei auffällig viel Zeit gelassen. Gerüchte über Unregelmäßigkeiten in der Berliner Landesvertretung hatte es seit längerem gegeben. Vor rund zwei Wochen hieß es auf Nachfrage des Politikjournals Rundblick, man könne sich noch nicht konkret äußern, weil die Akten noch zusammengestellt und Berichte verfasst würden. Inzwischen sind offensichtlich nicht nur die Akten zusammengestellt worden, es hat sich auch etwas anderes verändert: der Untersuchungsausschuss tagt trotz des nahenden Wahltermins weiter. Die Berichte müssen nun doch noch vor der Wahl auf den Tisch.

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SPD-Landeschef Stephan Weil verliert nach der Entlassung Rüters nicht nur einen zentralen Begleiter der vergangenen Jahre in der niedersächsischen SPD, er verliert mit der Agentur rund um Erik Flügge auch noch einen überzeugten SPD-Wahlkämpfer. Flügge setzt sich auch persönlich für die sozialdemokratische Sache ein. „Wenn @welt anfängt, @stephanweil zu verteidigen, weißte auch, dass die CDU in NDS grade einen fetten Fehler macht“, schrieb er am 7. August auf seinem persönlichen Twitter-Profi und schaltete sich aktiv in die Debatte um Grünen-Überläuferin Elke Twesten ein.

„Wir lieben den Wahlkampf. Unser Team brennt für Wahlkampagnen, die am Ende zum Sieg führen“, heißt es auf der Website der Agentur. Seit gestern kämpft die SPD ohne Squirrel & Nuts weiter.