Kurz vor dem Start der Plakatierung von Großflächen im Landtagswahlkampf ist die niedersächsische SPD mit einer faustdicken Überraschung aufgetreten: In der ersten Welle der Motive für die großen Tafeln, die entlang von Straßen und auf Plätzen aufgestellt werden, tauchen nicht die Anfang August von der Partei vorgestellten Entwürfe auf. Diese hatten Weil in verschiedenen Situationen gezeigt – als Zuhörer neben einer Grundschülern etwa, oder mit Helm und Schutzweste geschützt neben einer Windkraftanlage. Dazu war der übliche SPD-Spruch im Wahlkampf vorgesehen: „Das Land in guten Händen“.

Von dieser Linie weichen die Sozialdemokraten nun plötzlich ab, indem sie ein ganz anderes Bild zeigen: Ein ernst wirkender, direkt in die Kamera blickender Ministerpräsident sitzt vor einer holzvertäfelten Wand. Darunter erscheint der Slogan: „Keine Zeit für Sprüche. Stephan Weil“ – und das Signum der SPD. Der übliche Claim „Das Land in guten Händen“ ist nicht mehr zu sehen.

Foto: Kleinwächter

Wie es aus der SPD heißt, sind die bereits Anfang August vorgestellten Motive mit Weil in verschiedenen Situationen nicht etwa eingestampft worden, sie sollen später kommen, in der zweiten Welle der Kampagne. Zum Auftakt wird etwas präsentiert, das vorher nicht angekündigt war – um sich damit eindeutig gegen die von anderen Parteien verbreiteten Botschaften zu wenden. Der SPD-Landesgeschäftsführer Axel Rienhoff führt dazu aus: „Die erste Plakatwelle zeigt den Ministerpräsidenten und Spitzenkandidaten mit klarem Blick und schlichter Botschaft: Keine Zeit für Sprüche.“

Es sei „Zeit für klare und einfache Worte, die ohne Umschweife deutlich machen, was Stephan Weil und die SPD Niedersachsen auszeichnet: Stabilität und Sicherheit im Wandel.“ Dabei kann sich der SPD-Landesgeschäftsführer einen Seitenhieb auf die Werbelinien der Konkurrenz nicht verkneifen. Reime und Wortspiele wie „Bye, bye CO2“ oder „Raus aus der Kreidezeit“ oder „Niedersachsen springt weiter“ würden dem Ernst der gegenwärtigen Lage nicht gerecht werden. Die SPD in Niedersachsen habe sich „bewusst gegen witzige Slogans entschieden, was auch für weitere Motive in den kommenden Monaten“ gelte. Die SPD werde „schmutzige Angriffe und Attacken unter der Gürtellinie vermeiden“.


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In den Geschäftsstellen und Organisationsbüros der Parteien wird indes damit gerechnet, dass in diesem Landtagswahlkampf viel mehr Großflächen als sonst üblich aufgebaut werden. Dabei gibt es in mehreren Parteien neben den Großflächen der Landespartei, die vorwiegend die Spitzenkandidaten präsentieren (also Stephan Weil, Bernd Althusmann, Julia Hamburg/Christian Meyer und Stefan Birkner), auch verstärkt Großflächen-Plakate der örtlichen Wahlkreiskandidaten.

Unterdessen führt in den Parteien die Form des zunächst noch sehr maßvoll startenden Wahlkampfs schon zu Diskussionen. Die SPD in Hannover, einer bisherigen Hochburg, wurde beim Wahlkampfauftakt von Störern der Querdenker-Szene überrascht, die Stephan Weil mit lautstarken Zwischenrufen übertönen wollten. Derartige Erlebnisse bezogen sich in Hannover in früheren Jahren eher auf die CDU, die hier bei Auftritten (etwa von Angela Merkel) immer einen schweren Stand hatte. Auch Politiker anderer Parteien berichten, dass eine wachsende verbale Aggressivität von Störern zu beobachten ist – längst nicht nur in Niedersachsen, sondern auch in anderen Bundesländern, etwa bei geplanten Bürger-Dialogen von Bundesministern. Diese wachsende Anspannung bei Wahl-Veranstaltungen führt zu mehr Sicherheitsvorkehrungen und schwächt den Absichten, die jeweiligen Politiker als „bürgernahe Volksvertreter“ zu präsentieren.