Sorge um die Berufsschulen: IHK und DGB Jugend fordern mehr Anstrengungen
Sowohl die IHK Hannover als auch die DGB Jugend in Niedersachsen fordern von der Politik größere Anstrengungen für die Berufsschulen im Land. „Man darf die Berufsschulen nicht hinter den allgemeinbildenden Schulen aus dem Blick verlieren“, sagt Ruben Eick, Bezirksjugendsekretär beim DGB Niedersachsen, im Gespräch mit dem Rundblick. Eick sieht die Ausstattung vieler Schulen als Riesenproblem. „Für die Azubis ist sowohl die bauliche als auch die technische Ausstattung ein wesentlicher Mangelfaktor. Es gibt etliche Berufsschulen, in denen das nicht mehr zeitgemäß ist.“ Laut Eick müsste in die Schulen investiert und der Stellenwert der beruflichen Bildung angehoben werden. „Da sehen wir die Politik am Zug“, meint der DGB-Sekretär.
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Günter Hirth, Experte für Bildungspolitik bei der IHK Hannover, sorgt sich vor allem um die Unterrichtsversorgung in den gewerblich-technischen Berufen, zum Beispiel in der Elektrotechnik. Lehrkräfte seien schwer zu finden, weil Ingenieure und IT-Spezialisten auch in der Wirtschaft stark gesucht werden. „Da wird das Land große Anstrengungen unternehmen müssen, damit überhaupt der aktuelle Stand gesichert werden kann. Für die ausbildende Wirtschaft ist das vor allem in den ländlichen Regionen von zentraler Bedeutung“, so Hirth. „Eine Unterrichtsversorgung von unter 90 Prozent tut fachlich weh. Daran muss gearbeitet werden.“
Hirth plädiert unter anderem für langfristige Lösungen. Man könne die Ausbildung für Berufsschullehrer öffnen. „Inzwischen können zum Beispiel Ingenieure von Fachhochschulen einen Berufsbildungsmaster an der Universität machen und dann an Berufsschulen arbeiten. Das lindert die Probleme“, erklärt der IHK-Experte. Er hält den Job des Berufsschullehrers durchaus für attraktiv: „Es gibt die Freiheit der Lehre und man kann gestalten. Es gibt sehr gute Lehrer, die das aus großer fachlicher Überzeugung machen.“
Eine weitere Verbesserung wäre Hirth zufolge, dem Start in eine duale Ausbildung gegenüber dem Start in eine schulische Ausbildung klar den Vorrang zu geben. „Es gibt immer noch zu viele Vollzeitausbildungsgänge, die zu keiner Berufsqualifikation führen. Es braucht eine klare Priorität für die Fachklassen der dualen Ausbildung. Dabei geht es um Ressourcen, die wir gerade in ländlichen Regionen benötigen.“ Da brauche es den Mut, sich von liebgewonnenen schulischen Angeboten zu trennen.
Das sieht Ruben Eick von der DGB-Jugend im Grundsatz genauso. Die Schule müsse zu einem qualifizierten Abschluss und nicht zu ständigen Warteschleifen führen. Eick meint, es müssten aber auch bereits erlernte Inhalte besser anerkannt werden. „Wir erleben oft, dass nach schulischen Ausbildungen später in der dualen Ausbildung vieles nicht anerkannt wird. Die Azubis müssen dann trotzdem die vollen drei Ausbildungsjahre absolvieren“, berichtet Eick. Seiner Meinung nach ließe sich mit einer stärkeren Anerkennungskultur die Warteschleife besser abpuffern.
Im Herbst erscheint der neue Ausbildungsreport der DGB-Jugend, dessen Schwerpunkt in diesem Jahr auf dem Thema Berufsschulen liegt. In der Befragung, die noch bis Anfang Mai läuft, werden bundesweit Auszubildende befragt. Sie sollen zum Beispiel die fachliche Qualität des Berufsschulunterrichts, die Ausstattung der Schule oder auch die Lernatmosphäre bewerten. Laut aktueller Zahlen des Statistischen Bundesamtes gibt kein Bundesland weniger Geld pro Schüler in Berufsschulen im dualen System aus als Niedersachsen. Demnach waren es im Jahr 2014 pro Kopf 2500 Euro Am meisten Geld gibt mit 4500 Euro Thüringen aus, gefolgt von Sachsen mit 3700 Euro.Dieser Artikel erschien in Ausgabe #63.