Sowohl Arbeitgeberverbände als auch die Gewerkschaft Verdi sind mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung zur Sonntagsöffnung unzufrieden. Die Verbände hatten bis Ende vergangener Woche Zeit, ihre Stellungnahmen einzureichen. Die Landesregierung will den Kommunen ermöglichen, vier Mal im Jahr eine Sondergenehmigung für die Sonntagsöffnung zu erteilen, wenn es einen „angemessenen Anlass“ gibt. Hinzu kommt eine Öffnung pro Jahr pro Stadtbezirk und eine weitere, voraussichtlich sehr eingeschränkte Öffnungsmöglichkeit für einzelne Geschäfte.

https://soundcloud.com/user-385595761/viel-kritik-an-neuen-regeln-zur-sonntagsoffnung

Die Allgemeine Arbeitgebervereinigung (AGV) schlägt in ihrer Stellungnahme eine drastische Vereinfachung der Regelung vor. Ein fünfter und sechster Öffnungstag werde überhaupt nicht benötigt. Stattdessen solle eine Öffnung an nur vier Sonntagen ermöglicht werden – in größeren Kommunen wie Hannover, Braunschweig und Osnabrück allerdings pro Stadtteil. Dadurch hätten alle Stadtbezirke und nicht nur die Innenstädte die Möglichkeit, von verkaufsoffenen Sonntagen zu profitieren. Zugleich würde eine solche Regelung besser den Schutzbedürfnissen der Arbeitnehmer genügen, da sie nicht an maximal bis zu sechs, sondern nur an höchstens an vier Sonntagen arbeiten müssten, argumentiert die AGV. Die Regelung hätte durch das Herunterbrechen auf die Bezirke allerdings auch zur Folge, dass es in Städten wie Hannover insgesamt deutlich mehr als vier verkaufsoffene Sonntage in der Stadt geben könnte.

Vier Sonntage sind nicht gleich vier Sonntage: Viele unterschiedliche Interessen erschweren einen Kompromiss zur Sonntagsöffnung Foto: highwaystarz

Vier Sonntage sind nicht gleich vier Sonntage: Viele unterschiedliche Interessen erschweren einen Kompromiss zur Sonntagsöffnung Foto: highwaystarz

Aus Sicht der Unternehmerverbände Niedersachsen (UVN) bedarf es dringend „einer weitgehenden Liberalisierung der Sonntagsregelungen“. Insgesamt sollten einer Gemeinde nach Meinung der UVN bis zu zehn verkaufsoffene Sonntage zur Verfügung stehen, die mit jeweils bis zu höchstens vier Sonntagen auf die Stadt- oder Ortsteile beziehungsweise Geschäfte verteilt werden könnten. Darüber hinaus sollten Geschäfte an zwei weiteren Sonntagen öffnen dürfen, wenn es zum Beispiel Firmenjubiläen oder Straßenfeste gebe. Die Unternehmerverbände sehen die lokalen Einzelhändler durch die restriktiven Regelungen zur Sonntagsöffnungen gegenüber dem Onlinehandel im Nachteil. Dies lasse sich anhand der Umsatzzahlen in Hannover exemplarisch ablesen. So sei die Kaufkraft pro Einwohner seit dem Jahr 2014 um etwas mehr als zwei Prozent gestiegen, der Einzelhandelsumsatz pro Einwohner dagegen um rund vier Prozent gefallen. „Der Grund ist zweifelsohne die Verlagerung auf das Onlinegeschäft“, heißt es in der Stellungnahme. Der Verband warnt davor, dass aufgrund sinkender Marktanteile weitere Geschäfte in den Innenstädten schließen könnten.

Die Gewerkschaft Verdi hingegen lehnt eine grundsätzliche Ausweitung der Sonntagsöffnungen ab. Sie hält den aktuellen Gesetzentwurf der Landesregierung zudem nicht für rechtssicher. Es sei zwar positiv, dass es einen angemessenen Anlass für die vier verkaufsoffenen Sonntage geben solle, dennoch genüge die konkrete Ausgestaltung nicht den Ansprüchen einer rechtssicheren Gesetzesgrundlage. Es bleibe unklar, welcher Anlass eine Sonntagsöffnung im Einzelnen rechtfertige. „Die vorgelegten Reglungen dürften eine Vielzahl rechtlicher Auseinandersetzungen und eine richterliche Ausgestaltung nach sich ziehen“, prognostiziert Sabine Gatz, Verdi-Expertin für den Einzelhandel in ihrer Stellungnahme. Die Gewerkschaft fordert eine klare und flächendeckende Begrenzung auf vier Sonntage pro Stadt- beziehungsweise Gemeindegebiet pro Jahr. Den fünften und sechsten Sonntag im derzeitigen Gesetzentwurf lehnt Verdi ab.

Die niedersächsischen Unternehmerverbände gehen in ihrer Stellungnahme noch auf die Regelungen für Blumengeschäfte, Gärtnereien und Gartencenter ein. Die UVN plädieren dafür, die Verkaufszeit für Blumengeschäfte und Gärtnereien an Sonntagen von drei auf fünf Stunden zu verlängern und diese damit an die Regelungen zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen anzugleichen, um Wettbewerbsverzerrungen im Grenzgebiet zu beenden. Für Bäckereien fordern die UVN eine sechsstündige Öffnungszeit, wie es sie bereits in Hessen gibt. Das regionale Bäckereihandwerk sei unter der Woche durch die Angebote von Discountern und am Sonntag durch die Konkurrenz zu Tankstellen unter Druck. Die Zahl der Handwerksbäckereien gehe immer weiter zurück. Zum Vergleich: Vor rund 60 Jahren gab es im gesamten Bundesgebiet noch 55.000 Bäckereien, im vergangenen Jahr waren es noch 12.155. Allein in den vergangenen zehn Jahren gingen über 4.500 Betriebe verloren.