Darum geht es: Die Suche nach einem Investor für die Nord/LB wird konkreter – und von neuen Spekulationen überschattet. In einem höchst vertraulichen, gleichwohl öffentlich gewordenen Papier wird jetzt angedeutet, das Land Niedersachsen könne zur Stärkung der Bank selbst „bis zu 2,5 Milliarden Euro“ aufbringen. Dazu ein Kommentar von Klaus Wallbaum.

Es ist die Süddeutsche Zeitung aus München, die gestern eine höchst brisante Information verbreitet hat – allerdings in der eigenen Ausgabe etwas versteckt, auf Seite 20 ganz unten rechts. In einem längeren Artikel über die aktuelle Investorensuche bei der Nord/LB, der viele bekannte Tatsachen enthält, tauchen zwei sonderbare Hinweise auf. Erstens heißt es dort, dass die Landesbank Baden-Württemberg, größte der Landesbanken Deutschlands, nicht ernsthaft an einem Einstieg in die Nord/LB interessiert wäre. Das klingt durchaus glaubhaft, denn die LBBW ist deutlich größer als die Partnerbank in Hannover, und der Beginn einer Kooperation könnte dann am Ende vermutlich nur in einer vollständigen Übernahme der Norddeutschen durch die Süddeutschen bestehen. Das kann nicht das Interesse der Nord/LB sein, und ein solches Signal könnte in Stuttgart auch schon angekommen sein. Die zweite Botschaft in dem Artikel lautet, in den Unterlagen an die Interessenten sei von einer notwendigen Kapitalspritze von „bis zu 3,5 Milliarden Euro“ für die Nord/LB die Rede – und das Land Niedersachsen sei bereit, „bis zu 2,5 Milliarden Euro“ selbst aufzubringen.

Das ist in der Tat eine große Überraschung. Wie kommt die Nord/LB dazu, solche Andeutungen zu verbreiten – zumal Finanzminister Reinhold Hilbers, Aufsichtsratschef der Bank, bislang stets versicherte, kein Steuergeld in die Nord/LB stecken zu wollen? Es gibt zwei Erklärungen. Die erste ist ganz schlicht und sieht so aus: Wenn das Eigenkapital der Nord/LB aufgestockt werden muss und dazu bis zu 3,5 Milliarden Euro nötig sind, dann muss das Land Niedersachsen selbst den größten Brocken davon aufbringen. Anders drohte der Anteil des Landes an der Bank (derzeit 59,1 Prozent) unter die 50-Prozent-Marke zu rutschen. Dies aber will Hilbers unbedingt vermeiden, Niedersachsen soll mindestens die Hälfte der Nord/LB besitzen. Die Hauptverantwortung liegt hier bei der Regierung in Hannover. Dass die anderen öffentlich-rechtlichen Eigentümer (der Sparkassenverband Niedersachsen, das Land Sachsen-Anhalt und die Sparkassen aus Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern) ebenfalls an einer Aufstockung des Kapitals mitwirken würden, gilt gegenwärtig als unwahrscheinlich – die Sparkassen haben dies schon ziemlich deutlich kundgetan.

Die zweite Erklärung wäre, dass zwar offiziell jetzt die Suche nach einem Partner für die Nord/LB gesucht wird und sich auch mehr als zehn Interessenten gemeldet haben, im Grunde aber im Hintergrund schon ein Favorit bereitsteht: nämlich die Helaba. Das sähe dann so aus: Die derzeit florierende Helaba, die in etwa die Größe der Nord/LB hat, würde zunächst mit einer Minderheitsbeteiligung bei der Nord/LB einsteigen. Beide Banken blieben aber erst einmal eigenständig. Eine Verzahnung der Geschäfte und eine engere Kooperation würde schrittweise geschehen. Das könnte auch sehr im Interesse der Sparkassen in den bisherigen drei Nord/LB-Ländern sein, da in der Helaba die Sparkassen ein großes Gewicht haben. Die Helaba könnte Eigenkapital beisteuern oder eine Wandelanleihe zeichnen, die später in Eigenkapital umgewandelt wird. Der Vorzug einer solchen Lösung wäre, dass die wirklich schwierigen, für Politiker existentiellen Fragen einer Landesbankenfusion erst einmal vertagt wären: Wo wird der Hauptsitz der vereinigten „Nord- und Mitteldeutschen Landesbank (NMLB)“ sein, in Hannover oder in Frankfurt? Wer stellt den Aufsichtsratsvorsitz, der Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes Hessen-Thüringen (wie bei der Helaba) oder der niedersächsische Finanzminister (wie bei der Nord/LB)?

Eines scheint allerdings klar: Der Einstieg der Helaba in die Nord/LB wäre nur ein Zwischenstopp auf dem Weg zum eigentlichen Bahnhof, der heißt Fusion der Landesbanken. Damit Niedersachsen für diesen Zeitpunkt aber gut gerüstet ist und eigene Interessen weitgehend einbringen kann, müsste jetzt im ersten Schritt schon die Mindestbeteiligung des Landes von 50,1 Prozent gesichert werden. Das wäre auch machbar, wenn Hilbers das Geschäft über die landeseigene Hannoversche Beteiligungsgesellschaft abwickelt oder über eine neue, eigens zu gründende Landesgesellschaft. Da wären dann auch Kreditaufnahmen denkbar. Womöglich könnte ein Teil der nötigen bis zu 2,5 Milliarden Euro auch über den Verkauf von Landeseigentum beschafft werden, sodass die Neuverschuldung einer Landes-Gesellschaft dann geringer ausfiele.

Bliebe nur ein Problem, wenn auch erst langfristig geklärt werden muss: Wenn man die Landesbankenfusion ansteuert und auf die ungeliebte, von der Gewerkschaft Verdi fast schon verteufelte Beteiligung privater Investoren ganz verzichten will, stellt sich irgendwann die Frage, ob die Zentrale der Nord/LB in Hannover bleiben kann. Bei eine Minderheitsbeteiligung privater Geldgeber, die keine strategischen Ziele anpeilt, wäre das immerhin nicht der Fall.

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