Der neue Wissenschaftsminister Falko Mohrs (SPD) hat große Aufgaben vor sich: Der Sanierungsstau an den Hochschulen soll beseitigt werden, die Universitäten und Fachhochschulen sollen mehr Autonomie bekommen. Außerdem ist Mohrs auch Denkmalschutz-Minister. Im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick äußert sich der Wolfsburger zu seinen Plänen.

Rundblick: Sie waren fünf Jahre im Bundestag und sind jetzt rund 110 Tage Landesminister in Hannover. Wie unterscheiden sich die politischen Ebenen?
Mohrs: Hannover ist etwas familiärer – und unkomplizierter, das liegt allein schon an der Größe der Stadt. Der Kreis der handelnden Personen ist kleiner, man hat eine vertrautere Atmosphäre. Die Zusammenarbeit und die Stimmung in der Regierung und mit den Regierungsfraktionen empfinde ich als sehr kollegial. Mein Ressort macht mir große Freude.
Rundblick: Der Klimaschutz ist ein alles andere überragendes Thema. Oft hört man davon, dass die Denkmalschutzbehörden den Ausbau der Erneuerbaren Energien bremsen. Was tun Sie als Denkmalschutzminister dagegen?
Mohrs: Viele der Fragen, die mit Photovoltaik- oder Windkraftanlagen zu tun haben, fallen in die Kompetenz der unteren Denkmalschutzbehörden bei den Landkreisen und Städten. Es hängt dann oft an den einzelnen dort tätigen Personen, wie Entscheidungen ausfallen. In naher Zukunft wird das Wissenschaftsministerium einen neuen Runderlass an die kommunale Ebene schicken, der die geltende Rechtslage für die Anwendung auslegt.
"Besonders behutsam muss mit der Genehmigung von Anlagen im Bereich von Unesco-Weltkulturerbestätten umgegangen werden."
Der Kernpunkt ist, dass in der Abwägung zwischen Denkmalschutzgesichtspunkten und neuen PV- oder Windkraftanlagen klar geregelt wird, was genehmigt werden darf und was nicht. Seit Juli 2022 gilt, dass solche Anlagen in der Regel genehmigungsfähig sind, wenn sie das äußere Erscheinungsbild eines Denkmals nicht irreversibel beeinträchtigen und in die materielle Substanz nur geringfügig eingreifen. Eine PV-Anlage auf dem Dach ist normalerweise nicht irreversibel, weil man sie auch wieder abmontieren kann, ohne dabei das Dach zu beeinträchtigen. Besonders behutsam muss aber mit der Genehmigung von Anlagen im Bereich von Unesco-Weltkulturerbestätten umgegangen werden.
Rundblick: Eine Gesetzesänderung ist dafür nicht nötig?
Mohrs: Nach Überzeugung der Experten meines Hauses nicht. Die Regel bezieht sich auch auf Windräder, die eine Panorama-Ansicht einer Stadt oder eines Bauwerks stören könnten. Es ist unsere Überzeugung, dass nicht mehr geprüft werden muss, ob die Anlage zwingend erforderlich ist. Damit entfällt die Prüfung sämtlicher möglicher Alternativstandorte, die von der Rechtsprechung vor der Gesetzesänderung im Sommer 2022 verlangt wurde.
Rundblick: In welchem größeren Zusammenhang steht dieser Erlass?
Mohrs: Wir müssen unsere Klimaschutzziele erreichen, dazu sind wir per Gesetz und über höchstrichterliche Urteile verpflichtet. Die Ampel-Koalition hat im Bundesrecht festgeschrieben, dass der Ausbau der Erneuerbaren Energien im überragenden öffentlichen Interesse steht. Die Änderung von Paragraph 7 Absatz 2 des Niedersächsischen Denkmalschutzgesetzes und der geplante Auslegungserlass ist dazu die Entsprechung auf der landesrechtlichen Ebene.
„Wir sind in Niedersachsen schon spät dran, wenn wir uns etwa mit Hessen vergleichen."
Rundblick: Als Hochschulminister sind Sie auch für die Bauten der Unis und Fachhochschulen zuständig. Der Nachholbedarf ist von den Hochschulen selbst mit 4,3 Milliarden Euro beschrieben worden. Das ist eine gewaltige Summe. Wie wollen Sie das schaffen?
Mohrs: Wir sind in Niedersachsen schon spät dran, wenn wir uns etwa mit Hessen vergleichen – dort ist ein entsprechendes Programm schon vor fast 20 Jahren gestartet worden. 40 Prozent aller Immobilien des Landes Niedersachsen sind Hochschul-Immobilien, und ich denke, dass uns die Sanierung auch Jahre oder Jahrzehnte beschäftigen wird. Wenn es um die Reihenfolge geht, gilt der Grundsatz „Worst first“, also die dringendsten Fälle genießen Priorität, wobei auch der Energieverbrauch ein Maßstab ist. Wir müssen dann aber insgesamt sinnvolle und wirtschaftliche Pakete schnüren.

Rundblick: Sie wollen ja die Immobilien aus dem laufenden Landeshaushalt herauslösen. Nehmen wir mal an, es stößt auf große rechtliche Schwierigkeiten. Hätten Sie dann einen Plan B, etwa über die Beteiligung privater Investoren in einem ÖPP-Verfahren?
Mohrs: Das wird gerade im Finanzministerium geprüft. Die Landesregierung ist überzeugt, dass es funktionieren kann, wenn man die Liegenschaften des Landes in eine Gesellschaft überführt. Noch in diesem Jahr soll ein Konzept entwickelt werden. Ich hoffe, dass wir dann 2024 mit den konkreteren Planungsprozessen loslegen können.
Rundblick: Was die Hochschulpolitik angeht, wollen Sie auch die Hochschulautonomie stärken. Wie soll das aussehen?
Mohrs: Autonomie heißt, dass wir auf Mikro-Management des Landes verzichten und den Hochschulen mehr Freiraum lassen – auch bei der Berufung von Professorinnen und Professoren. Wir müssen in einem Berufungsverfahren ja nicht doppelt oder dreifach prüfen.
Rundblick: Aber würden Sie nicht das Heft ganz aus der Hand geben bei der Einstellung neuer Hochschullehrer?
Mohrs: Die Freigabe zur Ausschreibung und die Rechtsaufsicht bleiben ja, nur den wissenschaftsgeleiteten Auswahlprozess übertragen wir weitgehend in die Eigenverantwortung der Hochschulen.

Rundblick: Ein Dauerthema in Ihrem Ministerium ist die Sanierung der Marienburg. Land und Bund stellen jeweils 13,6 Millionen Euro zur Verfügung. Wann gehen die Arbeiten los?
Mohrs: Die Burg und das Inventar sind Eigentum der Stiftung Schloss Marienburg. In deren Stiftungsrat wirken unter anderem der Erbprinz, Vertreter des Landes und der Region Hannover zusammen.
„Ich hoffe, dass die Sanierung der Marienburg spätestens 2024 starten kann."
Ganz aktuell beginnt das in einem öffentlichen Vergabeverfahren ausgewählte Projektsteuerungsbüro für die Sanierung seine Arbeit. Im nächsten Schritt wird dann die Generalplanungsleistung vergeben. Ich hoffe, dass die Sanierung dann spätestens 2024 starten kann.

Rundblick: 27,2 Millionen Euro sind eine Schätzung aus der Vergangenheit, müssen Sie nicht inzwischen höhere Beträge veranschlagen?
Mohrs: Ich denke, dass wir für diese Summe eine gute Sanierung hinbekommen können. Das zugrundeliegende Gutachten ist 2022 auf Wunsch der Zuwendungsgeber noch einmal aktualisiert und an die Baukostensteigerungen angepasst worden. Nach jetzigem Stand reicht das bewilligte Geld für die Grundsanierung aus.
Rundblick: Die Grünen haben, als sie noch in der Opposition waren, das finanzielle Engagement des Landes für diese Burg der Welfenfamilie sehr kritisch beurteilt. Fürchten Sie nicht einen Koalitionskonflikt?
Mohrs: Die Sanierung ist dringend nötig, als Kulturminister bin ich froh, dass wir dieses große kulturelle Erbe erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich machen können. Ich habe keine Einwände gegen diesen Weg gehört.