Büros haben ihre Wirkung. Man kann Mitarbeiter mit ihnen sauer machen, frustrieren, aber auch Zufriedenheit auslösen.
Geht es nach Zahlen des Fraunhofer-Instituts, ist Open Space – auch Multi Space genannt – die Büroform der Zukunft. Ein Viertel der Unternehmen geht einer Umfrage zufolge in diese Richtung. Die Zahlen sind allerdings mit Vorsicht zu genießen, kommen sie doch vom Fraunhofer-Institut selbst, das den Unternehmen in Sache Multi Space auch eine Beratung anbietet, damit also Geld verdient.
Trotz dieser Einschränkung beobachtet auch Kratzer einen Trend bei Unternehmen zu dieser Büroform. Er hat mit seinem Institut mehrere Unternehmen begleitet, die sich auf den Weg zum Open Space gemacht und ihre Konzepte umgesetzt haben. Aber warum wollen Unternehmen überhaupt diese Großraum 4.0-Büros? Sie wünschen sich mehr Flexibilität, Kommunikation und Attraktivität, außerdem wollten sie demokratischer werden. Das sei Teil des Kulturwandels, erklärt der Wissenschaftler aus München. Viele wünschten sich durch das neue Büro auch eine höhere Produktivität. Ob diese durch Open-Space-Büros aber wirklich steige, sei nur schwer messbar.
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Manche Probleme sind nicht lösbar
Manche Probleme seien auch nicht zu lösen. Probleme gebe es immer wieder mit der Vertraulichkeit. So sei es nur schwer möglich, die Personalabteilung in einem Open-Space-Büro unterzubringen. Dabei gehe es nicht nur um vertrauliche Telefonate, sondern genauso um vertrauliche Daten, die bei den Mitarbeitern auf dem Bildschirm zu sehen sein könnten. Auch eine Gehaltstabelle dürfte dann nicht auf dem Schreibtisch herumliegen. Für das Problem der Vertraulichkeit gebe es bisher nur Notstrategien, dadurch würden die Grenzen dieser Büroform deutlich. Die einfachste Lösung sei, Personalabteilungen in normalen Einzelbüros zu belassen.
Alle Experten sagen: Wir brauchen weiterhin das Büro. Zum einen als Treffpunkt, sozusagen als Bienenstock. Aber eben auch als soziale Heimat der Mitarbeiter.
Bei der Begleitung der Unternehmen durch das Institut wurden auch die Mitarbeiter befragt, wie sie sich mit dem Open Space arrangiert hätten. 55 Prozent zeigten sich mit dem neuen Büro zwar zufrieden, Kratzer warnt aber davor, sich von den Zahlen blenden zu lassen. Die Bewertungen seien komplex, die Ansichten extrem unterschiedlich. So seien zwar viele Mitarbeiter im Grunde mit dem Open Space einverstanden, aber nur 19 Prozent bewerten zum Beispiel die Akustik als gut. Klimatisierung und Akustik seien immer wieder typische Open Space-Streitpunkte.
Den Streit sollte man allerdings auch nicht auf Spitze treiben. Man müsse die Debatte entideologisieren, empfiehlt der Soziologe. „Es geht hier nicht um ,New Work‘, sondern nur um eine Büroform. Das Konzept wird auch oft überhöht.“ Wenn es von Mitarbeitern gewünscht werde, solle man einfach eine Wand einziehen oder einen Raumteiler hinstellen. „Mein normativer Ansatz lautet: Jeder sollte einfach den Arbeitsplatz bekommen, den er braucht und will“, meint Kratzer.
Bleibt noch die Frage, ob wir in Zeiten der Digitalisierung überhaupt noch das Büro brauchen, wo wir doch mit Notebook oder Tablet auf der Wiese, in der Eisdiele oder vom heimischen Sofa aus arbeiten könnten? „Alle Experten sagen: wir brauchen weiterhin das Büro“, erklärt Kratzer. „Zum einen als Treffunkt, sozusagen als Bienenstock. Aber eben auch als soziale Heimat der Mitarbeiter.“ Das Büro sei nicht trotz, sondern gerade wegen der Digitalisierung wichtig. „Sie brauchen zwischen all den Veränderungen noch etwas Festes, Stabiles, Materielles.“ (MB.)