Schock in der CDU Emsland: Plötzlich wollen 700 neue Mitglieder abstimmen
Landauf und landab werden derzeit die Kandidaten für die Landtagswahl nominiert. Einen besonders merkwürdigen Fall von basisdemokratischer Regung hat sich in diesen Tagen im nördlichen Kreis Emsland ereignet. Es geht um die Nachfolge von Landtagsvizepräsident Bernd Busemann (CDU), der nach 28 Jahren aus der Landespolitik ausscheiden will. Am letzten Tag der parteiintern gesetzten Frist für Neueintritte, die noch in der Aufstellungsversammlung des Kandidaten berücksichtigt werden sollten, wurden auf einmal mehr als 700 Formulare mit Beitrittserklärungen in der Kreisgeschäftsstelle eingereicht. „Das ist in diesem Ausmaß ein bemerkenswerter bis fragwürdiger Vorgang, deshalb haben wir erst einmal das weitere Verfahren gestoppt“, erklärt der CDU-Kreisvorsitzende Günter Wigbers im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick. Im Kreisverband Aschendorf-Hümmling (1800 Mitglieder) macht sich seitdem Ratlosigkeit breit.
Drei Kandidaten wollen Busemann beerben
Die Ausgangslage war so: Für die Kandidatur im Wahlkreis 82 (Papenburg) meldeten sich drei Interessenten: der Landwirt und ehrenamtliche Bürgermeister von Rastdorf, Hartmut Moorkamp (46), die Unternehmerin Vera Butterweck-Kruse und der Kommunalpolitiker Heinz-Hermann Hoppe. In dieser Lage legte der Kreisvorstand folgenden Fahrplan fest: Die Aufstellungsversammlung soll am 25. Februar sein – und damit sämtliche Neueintritte rechtzeitig vom Kreisvorstand geprüft und ordnungsgemäß in die Mitgliederliste eingepflegt werden können, sollten sich neue Mitglieder bis spätestens 10. Februar um 18 Uhr gemeldet haben.
Im Januar und den ersten Februartagen vermeldete die Kreisgeschäftsstelle dann 71 Neueintritte – „das war etwa in dem Umfang, wie wir es erwartet hatten“, berichtet Wigbers. Doch am 10. Februar um 17 Uhr, eine Stunde vor Ablauf der Frist, brachte ein Bote dann einen Stapel mit mehr als 700 Neueintritten vorbei. Sie sollen alle aus dem Ort Rastdorf und den umliegenden Ortschaften stammen, also aus dem Gebiet, in dem der Kandidat Moorkamp seine stärkste Anhängerschaft hat. Wie sollte man darauf reagieren? „Wir müssen jetzt erst einmal Luft holen und nachdenken“, erklärt Wigbers.
Termin für Urwahl am 25. Februar wackelt
Ob die Urwahl nun am 25. Februar sein wird oder doch später, ob die Möglichkeit von Neueintritten noch einmal erweitert wird oder der Stapel mit Beitrittserklärungen nicht gewertet werden soll – alles scheint derzeit offen. Für Ende dieser Woche oder Anfang der nächsten will der Kreisvorsitzende seinen Vorstand zu einer Sondersitzung laden und das weitere Vorgehen besprechen. „Das wichtigste ist, dass jeder Schritt rechtssicher sein muss“, meint Wigbers.
Derartige Eintrittswellen haben Parteien vor Kandidatennominierungen oder auch vor parteiinternen Vorstandswahlen schon öfter erlebt. Vor einigen Jahren sorgte ein solcher Fall in der Berliner FDP für bundesweite Aufmerksamkeit, ein Übernahmeversuch einer Gruppe von Rechtspopulisten wurde damals vermutet. Der Vorgang in der emsländischen CDU scheint nach bisherigen Erkenntnissen allerdings auch deshalb schwer zu kritisieren sein, da ein offenkundiger Verstoß gegen Satzungsregeln nicht erkennbar ist. Man kann den Neueintritten auch schwer vorhalten, sie würden nicht aus Überzeugung, sondern allein wegen der bevorstehenden Kandidatenaufstellung der CDU beitreten wollen.
Viele Neueintritte auch in Rotenburg/Wümme
Zu einer größeren Zahl von Neueintritten soll es auch im CDU-Kreisverband Rotenburg/Wümme gekommen sein. Hier war der bisherige Landtagsabgeordnete Eike Holsten bereits Ende 2021 wieder aufgestellt worden. Danach aber änderte der Landtag noch einmal die Wahlkreiszuschnitte, wodurch Oyten und Ottersberg dem Wahlkreis zugeschlagen wurden. Die Wiederholung der Aufstellungsversammlung wurde nötig, und Holsten hat es nun mit einem Gegenkandidaten zu tun, den Landwirt Dirk Gieschen, der der Bewegung „Land schafft Verbindung“ nahe stehen soll. Wie es heißt, hat es auch in diesem Wahlkreis in jüngster Zeit eine höhere Zahl an Neueintritten gegeben – allerdings nicht in dem Ausmaß wie in Aschendorf-Hümmling.
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