Wer kennt sie nicht, diese Kneipenabende? Der eine erzählt von seinem Liebeskummer mit der Ex-Freundin, der andere spricht über seinen Ärger im Büro und der dritte verkündet seinen Plan, beim nächsten Halbmarathon zu starten. Und am Ende mietet sich der ganze Stammtisch mithilfe gefälschter Ausweispapiere über Mittelsmänner eine Yacht und sprengt mal eben die nächste Gas-Pipeline.
So oder so ähnlich kam es laut „Wall Street Journal“ zum Anschlag auf Nord Stream 2. Ukrainische Militärs und Geschäftsleute entwickelten demnach beim Umtrunk eine Schnapsidee, die nicht in der Kneipe versandete, sondern auf dem Ostseeboden explodierte. Das Ziel soll demnach die Schwächung Russlands gewesen sein.

Vor wenigen Tagen ist nun einer der mutmaßlichen Täter verhaftet worden – ausgerechnet beim Familienurlaub an der Adria. Während andere in Rimini bloß ihre Badelatschen verlieren, büßte Serhii K. (49) dort seine Freiheit ein. Ihm wird unter anderem das gemeinschaftliche Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und verfassungsfeindliche Sabotage vorgeworfen. Ich vermute, die restlichen Anklagepunkte lauten auf Lärmbelästigung, grober Unfug und unerlaubtes Entfernen von einer Unfallstelle.
Als ein weiterer Beteiligter wird laut „Bild“ der Tiefseetauch-Profi Wolodymyr Sch. mit Haftbefehl gesucht , doch der ist – wie könnte es auch anders sein – abgetaucht. Außerdem auf der Fahndungsliste stehen: Ein Navigator, der sich unter dem Radar hält. Ein Sprengmeister, der sich in Rauch aufgelöst hat. Ein Geologe, der wie vom Erdboden verschluckt ist. Und der Strippenzieher der ganzen Aktion, der sich klammheimlich abgeseilt hat.
Laut NDR-Reporter Manuel Bewarder, der lange in der Sache recherchiert, gibt es keine Hinweise auf eine False-Flag-Operation von russischer Seite. Dass russischer Wodka bei der Planung der Operation eine Rolle gespielt hat, kann jedoch nicht ausgeschlossen werden.
Und während die Welt den Sabotagekrimi in der Ostsee verfolgt, bietet in Niedersachsen die Landespolitik für reichlich Zündstoff. Wir berichten in der heutigen Ausgabe über folgende Knallerthemen:
Kommen Sie gut durch den Freitag – und vergessen Sie beim nächsten konspirativen Kneipenabend nicht: Don’t Drink and Dive.
Ihr Christian Wilhelm Link