Die Aussichten auf eine Mehrheit sind zwar schlecht, doch der Landesvorsitzende des Niedersächsischen Beamtenbundes (NBB), Martin Kalt, ist dennoch alarmiert: Die Grünen im Landtag haben vorgeschlagen, den Landesbeamten künftig die Chance für den Wechsel auf die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zu erlauben. Damit dies möglich wird, solle das Land in solchen Fällen künftig einen Pauschalbetrag als Zuschuss gewähren – in Höhe von maximal dem halben Beitrag zu einer Krankenversicherung im Basistarif, also des Arbeitgeberanteils. Dieses Angebot würde einen Übergang für Beamte in ein neues System erleichtern, denn bisher erhalten sie vom Staat die sogenannte „Beihilfe“ des Staates als Arbeitgeber zu ihren Krankenkassenkosten. Die Beamten sind bisher verpflichtend in der Privaten Krankenkasse (PKV) organisiert.

Beamte müssen detailliert Ausgaben vorrechnen

Was vordergründig wie eine Erweiterung des Angebots für Beamte klingt, hat nach Ansicht von NBB-Chef Kalt hintersinnig: „Damit wird eine Abkehr vom Alimentationsprinzip eingeleitet – und das gefährdet die Grundlagen des Berufsbeamtentums.“ In der Stadt Hamburg wird ein entsprechendes Modell gerade konkret vorbereitet, die Grünen im Landtag in Hannover haben auch einen solchen Antrag eingereicht. Die Gewerkschaft Verdi verbreitet auf ihrer Homepage, ein solcher Schritt könne Anstoß sein für eine großangelegte Reform in allen Bundesländern und im Bund. Konkret sieht das so aus: Bisher sind Beamte privat krankenversichert, bei Krankheiten oder Unfällen übernimmt der Staat als Dienstherr Anteile der Kosten über die sogenannte „Beihilfe“. Das bedeutet aber, dass jeder Beamte detailliert seine Ausgaben einreichen und sich Zahlungen erstatten lassen muss. Der Antrag der Grünen-Fraktion im niedersächsischen Landtag zur Änderung des Beamtengesetzes sieht nun vor, dass der Beamte in die GKV wechseln können soll, und als Arbeitgeberanteil würde dann ein pauschalisierter Beihilfebetrag vom Land gezahlt werden. Die Einzelabrechnungen würden also entfallen. Gerade an junge, neue Beamte richte sich der Vorschlag. Wer sich dann einmal für die GKV und gegen das bisher obligatorische PKV-Modell entschieden habe, müsse dabei bleiben.


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Schon in der vergangenen Wahlperiode war die Idee aufgeflammt, damals hatten nicht nur Grüne Sympathie dafür geäußert, sondern auch einzelne SPD-Politiker wie etwa der Sozialexperte Uwe Schwarz. Wie es heißt, ist aber die CDU strikt gegen eine Änderung, Teile der SPD inzwischen ebenso. Aus Sicht von NBB-Chef Kalt sprechen mehrere Gründe gegen eine Veränderung. Zum einen müsse man in solchen Fällen zwei Systeme nebeneinander aufrecht halten, die bisherige Beihilfe und das neue System mit Arbeitgeberanteil. „Das dürfte erhebliche Mehrkosten verursachen“, sagt Kalt. Schätzungen im benachbarten Sachsen-Anhalt gingen von zweistelligen Millionenbeträgen jährlich aus. Wichtiger sei aber noch der Einwand, dass die Beamten nur vorgeschoben würden. Über einem Umweg über sie werde versucht, die PKV als solche zu schwächen, die GKV zu stärken und dem Ziel der Bürgerversicherung – einer Krankenversicherung für alle – näher zu kommen. Da Beamte aber keine üblichen Arbeitnehmer seien, sondern Beschäftigte mit einem besonderen Treueverhältnis zum Staat, könne man auch nicht wie bei der GKV einen Arbeitgeberanteil als festen Zuschuss organisieren. Vielmehr bedeute das Alimentationsprinzip, dass der Staat für seine Genesung der Staatsdiener aufkommen müsse, eben über ein System wie die Beihilfe. „Wenn nun quasi durch die Hintertür versucht wird, an diesen Grundlagen des Berufsbeamtentums zu rütteln, werden wir dagegen entschlossen angehen“, betont Kalt.

Bürokratieaufwand zu hoch

In Nordrhein-Westfalen hat die dortige Landesregierung jüngst klar erklärt, die Hamburger Lösung abzulehnen. Es sei mit zusätzlicher Bürokratie zu rechnen, da der Aufwand für die Pflegeversicherung auch für Beamte in der GKV weiterhin über die Beihilfe abgerechnet werden müsse. Hinzu kämen verfassungsrechtliche Probleme, da der Dienstherr die Krankenfürsorge für Beamte nicht ohne weiteres auf eine selbstständige Krankenversicherung übertragen dürfe.