Schlechte Nachrichten aus der SPD für Weil
Stephan Weil, Ministerpräsident, muss in der Reihe der schlechten Nachrichten, die er in diesem Jahr zu verdauen hat, noch eine weitere hinnehmen: Dass im Mitgliederentscheid das Duo Norbert Walter-Borjans (NRW) und Saskia Esken (Baden-Württemberg) gegenüber dem favorisierten Team Olaf Scholz und Klara Geywitz gewonnen hat, ist für Weil in doppeltem Sinn eine herbe Niederlage. Zum einen hatte sich der Vorsitzende der Niedersachsen-SPD, der wegen der Stärke seines Landesverbandes zu den drei einflussreichsten deutschen Sozialdemokraten zählt, vorher klar für Scholz/Geywitz stark gemacht. Dies geschah in einer Deutlichkeit, die manche Genossen überraschte.
Vor wenigen Tagen sagte Weil in einem Interview, dass sich bei ihm „die Nackenhaare sträuben“, wenn er manche Positionen von Esken höre. Das war auf die teilweise deutliche Kritik der Baden-Württembergerin an der Arbeit der Großen Koalition in Berlin gemünzt. Mit dem Sieg von Walter-Borjans und Esken in der Mitgliederbefragung wird nun zum einen deutlich, dass Weils Werbeaktion für die anderen beiden nicht fruchtete. Das stärkt seine Rolle in der Bundespartei nicht, es droht sie eher zu schwächen. Zum anderen wächst mit dem Ergebnis auch die Gefahr, dass die SPD doch aus der Großen Koalition in Berlin aussteigt.
Dies aber lehnen, soweit ersichtlich, fast alle führenden niedersächsischen Sozialdemokraten strikt ab. Sollte am Ende die SPD in Berlin die Regierungsarbeit beenden, würde das gegen massive Bedenken der führenden niedersächsischen SPD-Politiker geschehen. Die Führung des Landesverbandes in Niedersachsen könnte sich dann in der Bundespartei isoliert fühlen und müsste vermutlich ihre Strategie ändern. Die starke Stellung, die Weil gerade nach der Landtagswahl 2017 als Ministerpräsidenten zugeschrieben wird, würde sich in der Bundes-SPD nicht mehr bemerkbar machen.
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Das wäre dann der Gipfelpunkt einer Serie von unangenehmen Ereignissen im ablaufenden Jahr 2019. Es begann mit dem eher bescheidenen Abschneiden der SPD bei der Europawahl Ende Mai, setzte sich fort mit den Verlusten der Oberbürgermeisterposten in Emden und vor allem in Hannover und drückte sich auch aus im Scheitern des Niedersachsen-Bewerbers für den Vorsitz der Bundespartei, Innenminister Boris Pistorius. Derzeit befindet sich Weil auf Auslandsreise in Katar. Wenn er zurückkommt, dürfte er wohl all seine Energie darauf verwenden, intern vor einem überstürzten Ende der Großen Koalition in Berlin zu warnen.