Rufe nach besserer Bezahlung der Lehrer in Grund- und Hauptschulen werden lauter
Die SPD hat gestern in ihrer Klausurtagung das Signal gegeben, die Debatte erreicht damit spätestens jetzt auch Niedersachsen: Muss das Land seine Grund- und Hauptschullehrer besser bezahlen, damit sich auch in Zukunft noch genügend Interessenten für die freien Plätze finden? In der Sitzung der Landtagsfraktion haben die Sozialdemokraten dazu ein Bekenntnis abgegeben: „Wegen der sehr angespannten Situation“ wolle die Fraktion „die Besoldung der Grund-, Haupt- und Realschullehrkräfte anheben“.
Wie genau das aussehen solle, wolle man mit der CDU besprechen – und im Lichte der Mai-Steuerschätzung beurteilen. Umgehend kam ein Lob von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), die seit langem für die Anhebung streitet. Wenn schon das Land Bremen, das finanziell viel schlechter dastehe als Niedersachsen, jetzt schon alle seine Lehrer mit mindestens A13 besolde, dann sei ein ähnlicher Weg hierzulande „nur folgerichtig“, sagte die GEW-Landesvorsitzende Laura Pooth. Man erwarte, dass die Sozialdemokraten sich in dieser Frage gegenüber den mitregierenden Christdemokraten stark machen.
Eingriff in das streng geregelte Beamten-Besoldungsgefüge
Die Umsetzung der Gehaltsangleichung kann allerdings in der Praxis schwierig werden. Bisher werden in Niedersachsen noch 40.000 Lehrer nach A12 besoldet – das sind in der Eingangsbesoldung rund 3500 Euro brutto. Das betrifft zum großen Teil Grundschullehrer, aber auch solche in Haupt-, Real- und Gesamtschulen. Der Unterschied zur Besoldungsstufe A13 macht im Eingangsamt rund 400 Euro brutto aus, in der höheren Stufe dann 500 Euro. Wollte man alle A12-Lehrer auf A13 befördern, so würde dieser Schritt isoliert gesehen eine jährliche Mehrausgabe für das Land Niedersachsen von 220 Millionen Euro nach sich ziehen.
Zu rechtfertigen wäre das aus Sicht der Befürworter eines solchen Schrittes schon, da die Lehrerausbildung für Grund- und Hauptschullehrer sich längst an den Standard der Gymnasiallehrer angeglichen habe. Von dort allerdings wird nachdrücklich widersprochen, denn der fachliche Anteil in der Ausbildung sei für Pädagogen an Gymnasien nach wie vor deutlich höher. Die pauschale Höherstufung der A12-Lehrer wäre außerdem ein Eingriff in das streng geregelte Beamten-Besoldungsgefüge. Die Gefahr, dass dann auch Polizisten und Finanzbeamte daraus für sich Forderungen nach einer Höherstufung ableiten könnten, ist nicht gering. Im Übrigen könnten Gymnasiallehrer versucht sein, auf den Abstand zu den übrigen Lehrern zu pochen und dies auch notfalls vor Gericht einzuklagen.
Die zweite Variante wäre, das Gehalt der A12-Lehrer zunächst mit Zulagen anzuheben – womöglich verteilt über Jahre. Im ersten Jahr könnte die Stufe 250 Euro betragen, im zweiten und dritten dann je 100 Euro – oder in drei Stufen zu je 150 Euro. In diesem Fall könnten die jährlichen Mehrkosten im ersten Jahr auf 72 Millionen Euro begrenzt werden. Allerdings lauern in diesem Schritt mehrere praktische Schwierigkeiten. Auch wenn ein solches Modell als „Pilotprojekt“ bezeichnet würde, könnten nach einer gewissen Zeit der Anwendung bestimmte Beamtengruppen, die sich gegenüber den aufgewerteten A12-Lehrern benachteiligt sehen, dagegen juristisch aufbegehren wollen.
Ein anderes Problem sind die angestellten Lehrer, da es für sie einen gültigen Tarifvertrag gibt, ihr Gehalt könnte also schlecht über Zulagen aufgebessert werden. Gegen Angriffe von sich benachteiligt fühlenden Beamten könnte ein Modell der Lehrer-Gehaltsaufbesserung nur dann abgesichert werden, wenn das Land vorher eine Neubewertung der Tätigkeiten im öffentlichen Dienst vornimmt, also quasi eine eigenständige Lehrerbesoldung definiert und mit Gutachten begründet. Das kostet aber viel Zeit und Aufwand, wäre wohl nur über Jahre machbar, zöge viel Streit im Detail nach sich und gilt deshalb als unrealistisch.
Es gibt noch finanzielle Gründe, die gegen eine Höherstufung der A12-Lehrer sprechen. In den kommenden beiden Jahren muss Kultusminister Grant Hendrik Tonne mehrere Kraftakte stemmen: In den Berufsschulen sind Investitionen fällig. An Grundschulen abgeordnete Gymnasiallehrer werden verstärkt wieder in den Gymnasien gebraucht, weshalb dann wieder mehr Grundschullehrer fehlen werden. Das engt den Spielraum für Mehrausgaben im Kultusetat enorm ein.Dieser Artikel erschien in Ausgabe #049.