
Die künftige rot-grüne Koalition nimmt sich eine Regelung aus Rheinland-Pfalz zum Vorbild, die dort schon seit bald 50 Jahren gilt und Schnittmengen zu einer vehement von den Grünen geforderten Position aufweist: In der Landtagsverwaltung soll ein unabhängiger „Bürgerbeauftragter“ angesiedelt sein, der sich um die Belange von Bürgern kümmert, die Probleme mit der staatlichen und kommunalen Verwaltung haben. Dabei soll es auch um Kritik gehen, die Bürger im Umgang mit der Polizei haben, erklärten Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und die Grünen-Spitzenkandidatin Julia Hamburg nach ihren Koalitionsgesprächen über die innere Sicherheit. Die Grünen hatten im Wahlkampf einen „Polizeibeauftragten“ gefordert, der eine Anlaufstelle für Menschen sein soll, die sich von der Polizei ungerecht behandelt fühlen. In der früheren rot-grünen Regierungszeit zwischen 2013 und 2017 hatte es eine Beschwerdestelle im Innenministerium gegeben. Weil und Hamburg sagten jetzt, das Modell des künftigen Bürgerbeauftragten solle eng an die Regelung in Rheinland-Pfalz angelehnt sein.
In Rheinland-Pfalz gibt es formell zwei Beauftragte – den Bürgerbeauftragten und den „Beauftragten für die Landespolizei“. Beide werden in einer Person vereinigt. Der Betreffende wird vom Landtag gewählt und bekommt seinen Dienstsitz in der Landtagsverwaltung. Eng arbeitet er mit dem Petitionsausschuss zusammen, der Eingaben von Bürgern an das Parlament berät und entscheidet. Der Bürgerbeauftragte kann in schwebenden juristischen Verfahren nicht eingreifen, sich allerdings sehr wohl über diese Vorgänge informieren lassen – etwa in Fällen, in denen der Staatsanwaltschaft ein zu zögerliches Vorgehen vorgeworfen wird. Der Bürgerbeauftragte kann auf Verlangen Akten einsehen, Auskünfte von Behörden anfordern und sich Zutritt zu Dienststellen und Einrichtungen verschaffen. Wenn eine Dienststelle nicht mit ihm kooperieren will, kann der Beauftragte mit Rückendeckung des Petitionsausschusses trotzdem agieren.
In Rheinland-Pfalz beträgt die Amtszeit des Beauftragten acht Jahre – und er wird nach B9 besoldet, also wie ein Staatssekretär. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es ein ähnliches Modell, dort wird der Beauftragte für sechs Jahre gewählt. Auch die Wahl eines Abgeordneten in diese Funktion ist möglich, derjenige müsste dann aber sein Mandat aufgeben und würde in das Dienstverhältnis des Landes eintreten, vergleichbar mit einem leitenden Beamten. Er wäre aber kein „politischer Beamter“, der von der Landesregierung jederzeit entlassen werden könnte. Vielmehr könnte der Landtag als derjenige, der den Beauftragten eingesetzt hat, ihn mit Zweidrittelmehrheit abwählen. Für seine Dienststelle hätte der Beauftragte auch Anspruch auf eine ausreichende personelle Ausstattung. Ins Gespräch für diese Position könnte SPD-Politiker Wiard Siebels (Aurich) kommen.
Rot-Grün hat sich noch auf weitere Punkte verständigt:
Kennzeichnungspflicht für Polizisten? In der zwischen SPD und Grünen umstrittenen Frage, ob Polizeibeamte mit persönlich identifizierbaren Namens- oder Personenschildern ausgestattet werden sollen, wollen beide Parteien noch „Gespräche führen“, sagte Hamburg.
Antidiskriminierungsgesetz: In Fällen, in denen sich Menschen durch Entscheidungen des Staates diskriminiert fühlen, soll es künftig behördliche Ansprechpartner geben, die sich um Abhilfe kümmern. Ein „Informationsfreiheitsgesetz“ soll gewährleisten, dass Bürger, die Auskunft von Behörden über komplexe Vorgänge haben wollen, darauf einen Anspruch bekommen – teilweise gegen eine Bearbeitungsgebühr.
Budgetregeln bei Förderprojekten: Rot-Grün will auf die Klagen der Kommunen über zu komplexe und bürokratische Förderanträge reagieren - indem den Empfängern zunächst Budgets zur Verfügung gestellt werden, damit sie Geld erhalten können. Die Detailabrechnung kann dann nachgeholt werden.