11. März 2024 · 
Inneres

Rot-Grün verhandelt: Gegenleistung für eine längere Bürgermeister-Amtszeit?

Das Versprechen von Ministerpräsident Stephan Weil war im Juni 2023 eindeutig: Bis Ende 2023 sollte die Linie der Landesregierung in einer wichtigen Frage geklärt sein – die Frage nämlich, wie die Amtszeit von Bürgermeistern und Landräten (bisher fünf Jahre, die Wahl ist gekoppelt an die Kommunalwahl) verlängert werden soll. Doch 2023 geschah nichts, und inzwischen ist der März dieses Jahres fast schon zur Hälfte vorbei. In der jüngsten Landräteversammlung des Niedersächsischen Landkreistages (NLT) hat Weil nun eine Aussage gemacht, die bei den Kommunalverbänden die Hoffnung erneut aufkeimen lässt. Er sei „guten Mutes, dass wir zügig zu einer Lösung kommen, die die Landkreise freuen wird“.

Präsident Sven Ambrosy (vorne links) und Hauptgeschäftsführer Hubert Meyer begrüßen Stephan Weil bei der Landkreisversammlung in Peine. | Foto: NLT

Dieses „zügig“ beschreibt offenbar nicht den Zeitraum von wenigen Tagen, wohl aber von wenigen Wochen. Die Erwartungshaltung in vielen Kreisen, Städten und Gemeinden ist auch hoch. Im Herbst 2026 sind neben der Kommunalwahl etliche Bürgermeister- und einige Landratswahlen, und viele mögliche Bewerber loten jetzt bereits aus, wie sie ihre persönliche Karriereplanung ausgestalten. Seit langem fordern die Verbände eine Ausweitung der Amtszeit – da kommunale Verwaltungschefs Planungssicherheit benötigten und die Position als Chef im Rathaus für geeignete Leute attraktiver werden müssten.

Nun gibt es allerdings eine wichtige Hürde, und die besteht in der koalitionsinternen Verständigung. Sie ist in den vergangenen anderthalb Jahren einfach nicht gelungen. Aus Landtagskreisen heißt es nun, eine Arbeitsgruppe zwischen Innenpolitikern der SPD und der Grünen sei eingerichtet worden. Sie untersucht die Thematik. Auf dem Tisch liegen drei Vorschläge. Der erste, mit dem Innenministerin Daniela Behrens angeblich grundsätzlich einverstanden wäre, ist eine Verdoppelung der Amtszeit von fünf auf zehn Jahre. In diesem Falle würde jede zweite Bürgermeister-Wahl mit der Kommunalwahl zusammenfallen. Diese Synchronität beider Wahlen war für Stephan Weil vor Jahren ein wichtiges Anliegen, da auf diese Weise die Bürgermeisterkandidaten im Wahlkampf die Zugpferde ihrer Parteien sein können.

Der zweite Vorschlag lautet, die Amtszeit auf 7,5 Jahre zu verlängern – dann wäre rechnerisch jede dritte Kommunalwahl zeitgleich mit der Neuwahl des Verwaltungschefs. Dies ist die Variante, die derzeit am wahrscheinlichsten ist und offenbar sowohl von Behrens als auch von Weil favorisiert wird. Noch eine andere Idee kursiert, nämlich die Amtszeit von sechs Jahren, verbunden werden könnte dies mit der Verlängerung der Kommunalwahl-Periode von derzeit fünf auf ebenfalls sechs Jahre. Hierzu haben aber schon die Kommunalverbände signalisiert, dass ihnen Bürgermeister-Amtszeiten von sechs Jahren „nicht ausreichend“ genug seien.

Grüne fordern angeblich Gegenleistung für ihre Zustimmung

Aus Koalitionskreisen hört man, die bisher fehlende Verständigung liege an den Grünen. Vor Weihnachten hieß es, die Grünen wollten noch über „attraktivere Rahmenbedingungen für Bürgermeisterkandidaten“ sprechen. Doch weder fordern die Kommunalverbände eine höhere Besoldung, noch ein „Rückkehrrecht“ für ausgeschiedene Bürgermeister auf ihre früheren Posten (etwa dann, wenn sie vorher in der Landesverwaltung tätig waren). Und die Versorgungsregeln für frühere Hauptverwaltungsbeamte sind bereits sehr gut. Da in diesem Bereich kaum etwas bewegt werden dürfte, richten sich die Blicke jetzt auf Wünsche der Grünen in anderen politischen Feldern. So gelten die Grünen beispielsweise als Anhänger eines „Informationsfreiheitsgesetzes“, das die Landes- und Kommunalbehörden verpflichtet, auskunftswilligen Bürgern umfassenden Einblick in interne Unterlagen zu gewähren.

Die SPD ist hier skeptisch, auch Weil selbst – da dies in Behörden zu einem hohen bürokratischen Aufwand führen könnte. Bei den Grünen indes gibt es hier vehemente Anhänger. Eine andere Grünen-Forderung ist ein „Antidiskriminierungsgesetz“ des Landes samt Verbandsklagerecht. Käme ein solches, dann müssten im Streitfall die Behörden belegen, dass sie einen Beschwerdeführer nicht unangemessen behandelt haben. Als Beschwerdeführer könnte dann auch ein Interessenverband auftreten. Auch hier scheint die Begeisterung für ein solches Gesetz bei den Grünen stärker zu sein als bei der SPD. Gut möglich ist es also, dass sich an diesen Fronten etwas bewegt als Gegenleistung dafür, dass die Grünen einer Amtszeit-Verlängerung für die Bürgermeister und Landräte zustimmen.

Dieser Artikel erschien am 12.3.2024 in Ausgabe #047.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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