Zu einem heftigen Schlagabtausch kam es am Mittwoch im Landtag beim Thema Kindergärten. Die Redner von SPD, CDU, Grünen und AfD waren sich zwar einig, dass sich die Kindertagesstätten wegen des aktuellen Fachkräftemangels in einer „Notsituation“ befinden. Die SPD-Abgeordnete Corinna Lange ging in der Debatte sogar so weit zu erklären: „Wir brauchen einen Notfallplan“. Aber der Gesetzentwurf der CDU, der erstmals im Plenum beraten wurde, stieß dennoch bei den Vertretern von Sozialdemokraten und Grünen auf Widerspruch.

Das Konzept der CDU sieht unter anderem vor, in den „Randzeiten“ – also frühmorgens und am späten Nachmittag – nicht zwingend zwei Fachkräfte je Kindergartengruppe einzusetzen. Es müsse auch möglich sein, dort „mindestens zwei pädagogische Assistenzkräfte“ zu beschäftigen, „und zwar ohne Antrag beim Landesjugendamt“. Insgesamt solle das Engagement von Hilfskräften zur Betreuung der Kinder ausgeweitet werden.
„Wir erwarten nicht, dass Sie jetzt mit einem Schritt alle Probleme lösen. Aber wir erwarten, dass Sie mit kleinen Schritten alles möglich machen, was jetzt getan werden kann.“
CDU-Fraktionschef Sebastian Lechner zu Stephan Weil
„Die Lage ist dramatisch und die Eltern brauchen jetzt Unterstützung – und nicht erst in einigen Monaten. Rot-Grün sollte daher nicht mehr so viele Stuhlkreise und Beratungsrunden abhalten, sondern die Vorgaben konkret ändern“, sagte CDU-Fraktionschef Sebastian Lechner. Er forderte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) auf: „Wir erwarten nicht, dass Sie jetzt mit einem Schritt alle Probleme lösen. Aber wir erwarten, dass Sie mit kleinen Schritten alles möglich machen, was jetzt getan werden kann.“
CDU-Schulpolitiker Christian Fühner kündigte an, noch für diese Plenarwoche eine Sondersitzung des Kultusausschusses zu beantragen, damit Veränderungen so schnell wie möglich gesetzlich verankert werden können. Das CDU-Konzept sieht neben dem Einsatz von Hilfskräften in Randzeiten noch mehrere andere Veränderungen vor. Angehende Erzieher sollten künftig schon vom ersten Tag ihrer Ausbildung an praktisch in den Kindergärten eingesetzt werden können. Bisher scheitert das häufig daran, dass die ersten zwei Jahre stark verschult sind, der praktische Einsatz nach gesetzlichen Vorgaben aber mindestens 15 Stunden je Woche betragen muss.

„Wir müssen überlegen, das auf zehn Stunden abzusenken“, sagte Lechner, räumte aber ein, dass die darüber hinaus nötige Veränderung der bundesweiten Ausbildungsstandards einen längeren Prozess erfordere. Der CDU-Chef wiederholte aber den CDU-Antrag, die „dualisierte Ausbildung“ zu verstärken und nicht nur 2000, sondern 2600 Auszubildende auf diese Weise einzusetzen. „Wir wollen die dualisierte Ausbildung auch nicht nur in Teilzeit, sondern in Vollzeit“, fügte Lechner hinzu.
Harm Rykena (AfD) sagte: „Da gegenwärtig die Kindergärten nur noch im Notbetrieb aufrecht erhalten werden können, unterstützen wir den Vorschlag der CDU.“ Von SPD und Grünen hingegen kam schroffer Widerspruch.

Rashmi Grashorn (Grüne) betonte: „Wir lehnen es ab, in Randzeiten dauerhaft auf zwei Fachkräfte zu verzichten“ und fügte hinzu: „Sie lassen sich doch auch nicht den Blinddarm von einem Tischler entfernen.“ Was die von der CDU geforderte Flexibilität angehe, brauche es keine neuen Vorschriften, die Träger der Kindergärten hätten jetzt schon Freiheiten. Das Problem sei vielmehr, dass der Beruf der Erzieherin nicht attraktiv genug sei, da derzeit 25 Prozent der Auszubildenden im ersten Jahr den Beruf wieder verließen.

Die SPD-Politikerin Corinna Lange meinte: „Die CDU spielt mit den Ängsten der Eltern und suggeriert nur, sie hätte eine Lösung für die Probleme.“ Gleichzeitig argumentierte auch sie, wie zuvor Grashorn, gegen den Randzeiten-Vorschlag der Christdemokraten: „Der Einsatz ungelernter Kräfte wäre für die Fachkräfte eine noch größere Belastung und würde dazu führen, dass noch mehr Fachkräfte den Beruf aufgeben.“
Kindergärten seien „eben keine Aufbewahrungsstätten, sondern Bildungseinrichtungen“. Über viele Lösungen müsse man jetzt nachdenken – „auch über eine Kürzung der Betreuungszeiten“. Lechner hatte gesagt: „Standards helfen niemandem, wenn am Ende die Betreuung und Bildung unserer Kinder gar nicht stattfindet.“
