Das Ziel bleibt bestehen, auch wenn der Weg dahin noch etwas länger sein dürfte als erhofft: In Niedersachsen, erklärte Umweltminister Christian Meyer (Grüne) vor einiger Zeit, werden 1,1 Millionen Menschen durch Deiche geschützt. Auf 610 Kilometern Länge werden diese Schutzvorkehrungen angeboten. Er dankte nun den Wasser- und Deichverbänden für das Engagement, und er sei zufrieden damit, dass die Personalausstattung des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) verbessert werde. In diesem Jahr wird die Zahl der festen Stellen von NLWKN-Mitarbeitern, die sich mit dem Deichbau beschäftigen, von 200 auf 230 erhöht. Im kommenden Jahr dann werde man anstelle von bisher 200 insgesamt 400 festangestellte Mitarbeiter für diesen Bereich haben, beispielsweise Deichbauingenieure. „Es ist gut, dass wir im Kontakt mit Finanzminister Gerald Heere Hunderte befristete Arbeitsverträge in eine dauerhafte Anstellung überführen konnten“, betonte Meyer. Sinnvoll und richtig sei es auch, dass der Bund trotz Kürzungen bei den Gemeinschaftsaufgaben den Küstenschutz ausdrücklich ausgespart habe – für das Jahr 2023 seien die Mittel von 61,6 Millionen Euro auf 78,9 Millionen Euro erhöht worden. Wegen der aktuellen Haushaltskrise des Bundes ist indes noch nicht ganz klar, in welchen Bereichen der Bund künftig seine Beteiligung noch einschränken wird.

Der Umweltminister äußerte sich nicht näher zu der Frage, wann, wo und in welchem Ausmaß die vorhandenen Deiche erhöht werden sollten. Die grundsätzliche Notwendigkeit dazu sei aber unbestritten. Nach Meyers Worten ist mit einem Anstieg des Meeresspiegels bis zum Jahr 2100 um 60 Zentimeter zu rechnen. Allerdings gelte das nur, wenn das Ziel der Begrenzung des Temperaturanstiegs um 1,5 Grad eingehalten werde. Verfehle man dieses Ziel, so sei ein fast doppelt so hoher Anstieg zu erwarten. Meyer erinnerte in diesem Zusammenhang an eine von seinem Vorgänger Olaf Lies einst vertretene These, zur Klimavorsorge alle Deiche in der groben Zielplanung um einen Meter aufzustocken. Noch deutlicher in dieser Frage trat in einer von ihrer Fraktion beantragten aktuellen Debatte vor einiger Zeit im Landtag die Grünen-Politikerin Meta Janssen-Kucz auf: Nötig seien mehrere Schritte, darunter zum einen die regelmäßige Wartung, Erneuerung und Verbesserung von Sielen, Schöpfwerken und Sperrwerken. Anders als Meyer setzte sie sich eher kritisch mit der Politik des Bundes beim Deichschutz auseinander. Es sei so, dass von dort weniger Geld komme – und das Land diese Mindereinnahmen ausgleichen müsse. Die Grünen-Politikerin warnte vor der Vermutung, dass eine maßvolle Verstärkung der Schutzanlagen ein schon zufriedenstellender Weg sein könne. „Ein Anstieg des Meeresspiegels um einen Meter bedeutet aber nicht, dass es reicht, die Deiche um einen Meter zu erhöhen. Mit höherem Pegel können Sturmfluten mit noch größerer Energie auf die Küste treffen und das Wattenmeer funktioniert nicht mehr wie bisher als natürlicher Puffer. Die Wellen brechen nicht vorher, sondern laufen mit höherer Energie den Seedeich hinauf und überspülen die Deiche.“

Wie Janssen-Kucz (Grüne) unterstützte auch Nico Bloem (SPD) das Ziel von Rot-Grün, den Deichbau zu verstärken. In seiner Heimat Papenburg habe man bereits „das Material für die Erhöhung der Deiche an der Ems gesichert“. Marcel Queckemeyer (AfD) widersprach den Einschätzungen der anderen Fraktionen und meinte, die Prognosen über den erwarteten Meeresspiegel-Anstieg seien übertrieben. Deichschutz sei nötig, da stimme er zu. Die Begründung aber überzeuge nicht. „Die Sturmfluten sind die Bedrohung, nicht der Klimawandel“, meinte Queckemeyer. Der CDU-Landtagsabgeordnete Björn Thümler aus der Wesermarsch grenzte sich von der Position des AfD-Sprechers ab. Queckemeyer sei „auf dem Holzweg, wenn er verneint, dass mehrere Faktoren den Klimawandel enorm beschleunigen können“. Thümler erklärte, in seinem Heimat-Landkreis, der unterhalb des Meeresspiegels liege, sei die Eindeichung überlebenswichtig. Es gelte aber, mehrere wichtige Bedingungen zu beachten. So sei die nötige Erhöhung von Deichen nur möglich, wenn die Deiche am Fuß auch breiter liegen. Hier dürfe der Naturschutz nicht die notwendigen Schritte blockieren. Außerdem fehle für den besseren Deichschutz das Geld – und die Konzeption und Planung ziehe sich in jedem Einzelfall auch zu lange hin. Der beste Deichschutz nütze im Übrigen nichts, „wenn das Wasser von hinten kommt“. Er sehe daher Überlegungen, in Küstengebieten die Wiedervernässung der Moore voranzutreiben, ausgesprochen kritisch.

Unterdessen wirft CDU-Landtagsfraktionschef Sebastian Lechner der Landesregierung vor, nicht engagiert genug für die Erhöhung der Deiche entlang der Elbe eingetreten zu sein – unter anderem im Kreis Lüchow-Dannenberg. Das Nachbarland Sachsen-Anhalt sei hier viel entschlossener vorgegangen, der Fehler in Niedersachsen liege bei den Umweltministern, die in den vergangenen zehn Jahren tätig gewesen sind.