Ein zusätzlicher freier Tag macht zufrieden, sagt ein Zukunftsforscher. Ist also der Reformationstag als neuer Feiertag tatsächlich ein Grund zum Feiern für die Menschen in Niedersachsen und Bremen? Spediteure im Norden sehen ein Problem.

Mit dem Reformationstag haben die Menschen in Niedersachsen und Bremen am 31. Oktober erstmals seit vielen Jahren einen neuen Feiertag. Darüber freuen sich die Arbeitnehmer, aus der Wirtschaft kommt aber Kritik. Schließlich geht es bei Zeit auch immer um Geld. Im vergangenen Jahr war der 31. Oktober einmalig ein bundesweiter Feiertag.

Warum sehen Betriebe Nachteile durch den neuen Feiertag?

Viele niedersächsische Unternehmen gehen von einem Wettbewerbsnachteil aus. So rechnen die Unternehmerverbände mit einer Wirtschaftsleistung von rund einer Milliarde Euro pro Tag in Niedersachsen. Was davon an anderen Tagen nicht nachgeholt werde, gehe verloren. Zuletzt wurde 1990 der Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober bundesweit zum Feiertag bestimmt. Dafür ging seit 1995 der Buß- und Bettag als Feiertag verloren, um Mehrbelastungen durch die neue Pflegeversicherung aufzufangen.

Können Hotels und Gastronomie von dem Feiertag profitieren?

Das ist gemischt: Der Feiertag mitten in der Woche plus ein paar Brückentage lassen sich gut zu einer kleinen Ferienwoche ausbauen. Das gilt auch für 2019, wenn der Reformationstag auf einen Donnerstag fällt. Davon können Tourismusbetriebe in den niedersächsischen Urlaubsregionen profitieren. Schlechter sieht es für Hotelbetreiber in den städtischen Regionen aus, die vom Tagungsgeschäft leben: «Die müssen diese zerschnittene Woche wohl komplett abschreiben, weil in dieser Zeit keine längere Geschäftssitzung veranstaltet wird», befürchtet ein Sprecher des Hotel- und Gaststättenverbands.

Gibt es Umstellungsprobleme bei der Bahn oder in größeren Unternehmen?

Im Zugverkehr war keine generelle Umstellung nötig, da der Reformationstag kein bundesweiter Feiertag ist. Die betroffenen VW-Standorte haben sich ausreichend vorbereitet, ebenso bei Continental. Einen Tag weniger Arbeit bedeute natürlich höhere Kosten und Produktionsausfälle, die man über eine entsprechende Planung zu kompensieren versuche, heißt es bei Continental in Hannover.

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Dürfen am neuen Feiertag Lastwagen auf der Straße fahren?

Nur noch in diesem Jahr, danach nicht mehr. Für die Transportbranche im Norden ist das ein Dilemma: In Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen gilt am 31. Oktober 2019 das Fahrverbot für Lkw. In den wirtschaftsstarken Nachbarländern Nordrhein-Westfalen und Hessen jedoch nicht. Und: nur einen Tag später ist am 1. November mit Allerheiligen in Nordrhein-Westfalen erneut ein Feiertag. Für niedersächsische Spediteure bedeutet das: Sie können am 31. Oktober in Niedersachsen nicht fahren und am 1. November in NRW nicht ausliefern. Der Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen beklagte «Kleinstaaterei» und forderte die Aufhebung des Lkw-Fahrverbotes an nicht bundeseinheitlichen Feiertagen.

Und neben den wirtschaftlichen Aspekten?

Arbeitsfreie Tage schaden der Produktivität nicht, sie fördern vielmehr Leistungskraft und Motivation, glaubt der Deutsche Gewerkschaftsbund. Erholte Beschäftigte seien zufriedener, das sei auch den Arbeitgebern bekannt. Dabei hinterfragten nur die wenigsten Menschen den Grund für den zusätzlichen Ferientag, glaubt der Hamburger Zukunftsforscher Ulrich Reinhardt. Die meisten Menschen wollten den freien Tag mit der Familie oder Freunden verbringen: «Wichtig ist, diesen – gefühlt geschenkten – Urlaubstag mit etwas Besonderem zu füllen», empfiehlt Reinhardt, «also keine Routine, keine Verpflichtungen, sondern sich einfach gemeinsam mal etwas Schönes gönnen.»

Was bleibt von dem kirchlichen Gedanken dieses Feiertags der evangelischen Kirche?

Die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannover will den 31. Oktober religionsübergreifend und weltoffen begehen und sich kritisch mit den theologischen Irrtümern der Reformatoren auseinandersetzen. Dazu sind Gottesdienste, Konzerte und interreligiöse Begegnungen geplant. Diese Mischung hat auch die Bremische Evangelische Kirche vorbereitet und stellt dabei die Themen Zeit sowie Sonn- und Feiertagsschutz in den Mittelpunkt.

Von Hans-Christian Wöste und Matthias Hoenig, dpa