Reform des Pressegesetzes: Was den Verlagen Sorge bereitet
Wird in Niedersachsen künftig die Pressefreiheit beschnitten? Diesen Verdacht hegen Verleger und Journalistenverbände. Nach Informationen des Politikjournals Rundblick braut sich gegen erste Entwürfe der Landesregierung zur Novelle des Niedersächsischen Medien- und des Pressegesetzes Unmut zusammen.
Auslöser dafür ist eine EU-Verordnung von 2016, die im Mai nächsten Jahres unmittelbar in Kraft tritt – und in der es um die Verarbeitung von personenbezogenen Daten in Zeitungen und Rundfunk- und Fernsehsendungen geht. Bisher gilt im deutschen Bundesdatenschutzgesetz das sogenannte „Medienprivileg“: Die Redaktionen sind relativ frei darin, personenbezogene Daten zu erheben und zu verarbeiten, sie haben lediglich eine Selbstkontrolle durch den Deutschen Presserat. In Entwürfen zur Änderungen des Niedersächsischen Medien- und des Pressegesetzes kursiert jetzt der Vorschlag, dieses Privileg zu kippen – und die Redaktionen der Aufsicht einer Datenschutzbehörde oder eines mit staatlichem Einfluss versehenen Presserates zu unterwerfen.
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Da alle Länder verpflichtet sind, die EU-Vorgabe zum verstärkten Datenschutz umzusetzen, arbeiten alle Länder derzeit an Novellen ihrer Mediengesetze. Diese müssten in den ersten Monaten des neuen Jahres über die Landesregierungen den Landtagen zugeleitet werden, damit sie bis Mai beschlossen sind und danach in Kraft treten können. Ein Vorentwurf aus der Zeit der alten rot-grünen Landesregierung, der dem Rundblick vorliegt, sieht nun mehrere Neuerungen vor. So sollen Redaktionen, wenn sie zu ihren Veröffentlichungen Gegendarstellungen, Unterlassungserklärungen oder Widerrufserklärungen erhalten, diese speichern und aufbewahren müssen. Wenn sie aus ihrem Archiv später über die Vorgänge berichten, sollen immer auch die Gegendarstellungen oder Widerrufserklärung mit publiziert werden. Auch sollen Personen, über die geschrieben und berichtet wird, immer dann, wenn sie in ihrem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt werden, Auskunft über die bei den Verlagen über sie gespeicherten Informationen verlangen können. Zwar sollen Verlage die Herausgabe von Daten verweigern können, wenn dadurch die journalistische Aufgabe beeinträchtigt würde. Aber in den Gesetzentwürfen wird darauf hingewiesen, dass zur Überprüfung des Verhaltens der Presse die „freiwillige Selbstkontrolle“ (also der Deutsche Presserat) herangezogen werden kann. Allerdings ist hier auch von „Benehmen mit dem Landesbeauftragten für Datenschutz“ die Rede – also davon, dass der staatliche Beauftragte künftig Einfluss auf die Selbstkontrolle der Presse nehmen kann. Soll also die Behörde des Datenschutzbeauftragten den Presserat überwachen – oder soll die Behörde sogar an die Stelle der Selbstkontrolle treten? Diese Vermutung lässt sich aus dem Text des Gesetzentwurfes ableiten.
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Angeblich erwägen die Zeitungsverlage und auch Journalistenorganisationen heftige Reaktionen auf diesen Gesetzentwurf. Sie wollen daran erinnern, dass die Freiheit der Presse von behördlicher Aufsicht ein wesentliches Element der Pressefreiheit sei – und zwar schon seit dem Inkrafttreten des ersten Reichspressegesetzes im Jahr 1874.
Erinnert wird auch daran, dass man die EU-Vorgabe durchaus so umsetzen kann, dass auf die Einbeziehung der Landesdatenschutzbehörde verzichtet wird – indem nämlich auf die funktionierende Selbstkontrolle im Deutschen Presserat hingewiesen wird. Das sehe beispielsweise der Entwurf vor, der gerade in Sachsen-Anhalt von der dortigen Landesregierung vorgelegt worden sei. Der Presserat, heißt es, werde nur deshalb unter dem Gesichtspunkt der Pressefreiheit noch akzeptiert, da er „nicht zur Ersatzbehörde gemacht wird, sondern als echte freiwillige Selbstkontrolle akzeptiert wird, die nicht gesetzlich reguliert und auch nicht durch staatliche Behörden überwacht wird“. Unklar ist bisher, ob die Landesregierung unter dem Eindruck dieser Kritik ihre ersten Entwürfe zur Gesetzesnovelle noch einmal nachbessert.