Gerichtsurteil entfacht Debatte
Im Wortlaut besagt der Paragraf 291a, dass jemand, der öffentlich Schwangerschaftsabbrüche anbietet, anpreist oder Mittel und Verfahren zur Abtreibung beschreibt, um damit Geld zu verdienen, zu zwei Jahren Haft oder einer Geldstrafe verurteilt werden kann. Ausnahmen bilden nur Informationen gegenüber Ärzten und Einrichtungen sowie Veröffentlichungen in Ärzteblättern. Nicht legal ist es dagegen, wenn ein Arzt Patienten gegenüber offen zeigt, dass und wie er Abtreibungen vornimmt. Ein Beispiel ist die die Ärztin Kristina Hänel, die kürzlich vom Amtsgericht Gießen verurteilt worden ist, weil sie auf ihrer Internetseite über Schwangerschaftsabbrüche in ihrer Praxis informiert hatte. Das Gericht sah darin eine Werbung für Abtreibungen, die der Ärztin Patientinnen und damit Gewinn einbringen sollte. Hänel dagegen betonte, dass sie abtreibungswilligen Frauen nur eine medizinisch fundierte Information bieten wollte. Das Urteil hat die politische Aufmerksamkeit auf den umstrittenen Paragrafen gelenkt. Mehrere Bundesländer haben inzwischen signalisiert, im Bundesrat die Initiative zur Abschaffung des Paragrafen 219a ergreifen zu wollen.
Paragraf #219a: Es geht um das Selbstbestimmungsrecht von #Frauen! Und: Es sollte selbstverständlich sein, dass Frauen Informationen dazu bekommen können, bei wem und wo sie einen solchen Eingriff professionell vornehmen lassen können. #KristinaHaenel #ltnds pic.twitter.com/bAtdgJl5c2
— Grüne Fraktion Nds. (@GrueneLtNds) December 14, 2017
Wie Niedersachsen sich dabei positionieren wird, wollten FDP und Grüne mit ihrem Vorstoß im Landtag in Erfahrung bringen. Beide Parteien fordern die Abschaffung des Paragrafen. Helge Limburg etwa sieht einen Widerspruch in den Paragrafen 218 und 219a: „Wenn die Frauen beraten worden sind und eine Bedenkzeit eingehalten haben, dann ist ein Schwangerschaftsabbruch legal“, sagt der rechtspolitische Sprecher der Grünen. „Warum wird dann aber der Hinweis auf diese erlaubte Handlung unter Strafe gestellt?“ Imke Byl, frauenpolitische Sprecherin der Grünen, nennt es eine „Verhöhnung der Frauen“, wenn sie Informationen über einen Schwangerschaftsabbruch nicht im Internet finden können, sondern aktiv einen Arzt oder eine Beratungsstelle aufsuchen und um Informationen bitten müssen. „Hier geht es um das Recht von Patientinnen auf Informationen zu einem medizinischen Eingriff - und nicht um Werbung.“