Rechnungshof schlägt Alarm: Jede zweite Brücke wird nicht rechtzeitig überprüft
Wie stabil sind die Brücken über Flüsse, Straßen oder Bahnlinien? Werden diese regelmäßig auf ihre Standfestigkeit überprüft – und dann, wenn nötig, auch saniert? Der Landesrechnungshof (LRH), der in seinem diesjährigen „Kommunalbericht“ über die Ergebnisse einiger Überprüfungen aufklärt, reagiert alarmiert. In zehn Kommunen hat die Prüfbehörde für die dort insgesamt vorhandenen 329 Brücken nachgeschaut, inwieweit die Vorschriften beachtet und die Kontrollen ordnungsgemäß durchgeführt wurden. Für die Hälfte aller Brücken wurde festgestellt, dass die vorgegebenen Fristen für die Überprüfung der Bauwerke nicht oder jedenfalls nicht korrekt beachtet wurden.
Für 164 Brücken, also etwa die Hälfte, gebe es „keine belastbaren Aussagen zu ihrem Zustand“, da die Auflagen nicht vollständig erfüllt worden waren. Zwar gelte für 100 dieser 164 Bauwerke, dass die letzte registrierte Kontrolle Noten zwischen 1 und 2,4 ergeben hatte, also auf einen sehr guten Zustand hingewiesen wurde. In dem Bericht heißt es: „Bei den meisten Kommunen bestand erheblicher Nachholbedarf bei den Brückenprüfungen. Das Standardregelwerk DIN 1076 sieht Brückenprüfungen in Form von Hauptprüfungen alle sechs Jahre und als einfache Prüfungen drei Jahre nach einer Hauptprüfung vor. Alle geprüften Kommunen beauftragten externe Ingenieurbüros mit den Brückenprüfungen. Die meisten geprüften Kommunen hielten diese Prüfungsintervalle nicht ein. Bei einigen lagen die letzten Brückenprüfungen mehr als zehn Jahre zurück. Diese Bewertungen entsprachen nicht mehr dem aktuellen Zustand der Brücken umso gravierender, wenn dies wie bei zwei der geprüften Kommunen den gesamten Brückenbestand betraf.“
Jeweils 14 Brücken hatten als letzte Beurteilung eine Note zwischen 3 und 3,4 – damit waren Beschränkungen aus Sicht des LRH nötig. Ebenfalls 14 Brücken seien sogar mit der Note 3,5 oder schlechter versehen worden, damit sei teilweise die Verkehrssicherheit nicht mehr gegeben gewesen. Dennoch sei die Sperrung nicht überall geschehen. In einem Fall habe ein Gutachter schon 2006 gefordert, den Verkehr auf der Brücke einzustellen – geschehen sei das aber erst 2021. Der LRH hat die Brücken überprüft in Buxtehude, Bad Harzburg, Bad Lauterberg, Hannoversch Münden, Northeim, Rotenburg/Wümme, Edemissen, Jork, Schwanewede und Ottersberg. Probleme erkannten die Prüfer auch bei der Erfassung. In keiner Kommune hätten die Anlagenverzeichnisse mit den Datenblättern des jeweiligen Fachamtes vollständig übereingestimmt.
Rechnungshof-Präsidentin Sandra von Klaeden berichtete gestern im Innenausschuss des Landtags noch über weitere Ergebnisse der Prüfung:
Schuldenberg wächst: 13,9 Milliarden Euro habe die Gesamtverschuldung aller kommunalen Kernhaushalte Ende 2022 betragen. Das waren 7 Prozent mehr als Ende 2021. Das habe vor allem an vielen neuen Krediten für Investitionen gelegen. Die Zinszahlungen für kurzfristige Liquiditätskredite hatten sich 2022 verdoppelt. Von Klaeden warnt, dass dies Vorboten sind und irgendwann auch höhere Zinszahlungen für langfristige Investitionskredite anfallen – spätestens dann, wenn die Laufzeiten der Verträge enden. Der Schuldenanteil der ausgegliederten privatrechtlichen kommunalen Unternehmen wie Kliniken oder Busbetriebe lag mit mehr als 15 Milliarden Euro sogar höher als die Verschuldung der kommunalen Kernhaushalte.
Hohe Investitionsrückstände: Bei 96 großen Kommunen fragte der LRH nach dem Investitionsbedarf. Dieser wurde auf 12,4 Milliarden Euro beziffert und habe damit um 30 Prozent gegenüber der Bewertung 2020/2021 zugenommen. Der Wert je Einwohner liege bei 3000 Euro – das seien rund 1000 Euro mehr als im Bundesdurchschnitt.
Kindergartenplanung: Von sieben überprüften Landkreisen hatten fünf keine verlässliche Planung für eine Betreuung von sechs Stunden an fünf Tagen. Da künftig der Rechtsanspruch auf sieben Stunden an fünf Tagen steigt, wachse der Druck auf die Kommunen. Die Hälfte der befragten Kreise habe angegeben, dass es jeweils eine einstellige Zahl an Klagen von Eltern gebe, die ihren Rechtsanspruch nicht erfüllt sehen. Geprüft wurden die Kreise Celle, Hameln, Osterholz, Peine, Vechta, Wesermarsch und Wolfenbüttel.
Zu viele Schulen parallel: Der LRH beklagt, dass es in einigen Landkreisen bis zu sechs parallele Schulformen gebe (Gymnasium, Oberschule, Realschule, Hauptschule, IGS und KGS) – und dass viele Schulen nicht ausgelastet sind, wohl aber die Schulgebäude unterhalten werden müssen. Geprüft wurden die Kreise Aurich, Cuxhaven, Gifhorn, Heidekreis und Oldenburg. Dort, wo die Landkreise die Schulträgerschaft an ihre Gemeinden übertragen haben, sei der Investitionsaufwand für die Schulen in der Regel höher. (kw)
Dieser Artikel erschien am 29.09.2023 in der Ausgabe #169.
Karrieren, Krisen & Kontroversen
Meilensteine der niedersächsischen Landespolitik
Jetzt vorbestellen