Was ist „aktives Schuldenmanagement“? Der Landesrechnungshof (LRH) hat die Frage jetzt im aktuellen „Kommunalbericht“ aufgeworfen – und damit zugleich einen kritischen Hinweis verbunden. Unterm Strich lautet die Feststellung der Prüfbehörde so: In viel zu wenigen Rathäusern wird genau geschaut, welche Kredite wann auslaufen, wie man Anschlussfinanzierungen sinnvoll leistet und für welche Vorhaben es sich lohnt, besondere Wege der Finanzierung einzuschlagen. Kurzum wünscht sich der LRH pfiffige Kämmerer und Bürgermeister, die ihre Kreditverträge managen „und nicht bloß verwalten“. Die Mahnung des Rechnungshofs kommt nun just zu einer Zeit, in der sich die Lage allgemein stärker eintrübt. Für 2023 hätten die niedersächsischen Kommunen das höchste Finanzierungsdefizit der vergangenen zehn Jahre aufgezeigt, der Schuldenstand der Kommunen sei auf ein Rekordniveau gestiegen – nämlich 14,9 Milliarden Euro. „Ein trauriger Rekord“, lautet dazu der Kommentar von LRH-Präsidentin Sandra von Klaeden. Die Zinslasten hätten sich um 37 Prozent erhöht, die Rückstände an nötigen Investitionen seien weiter gewachsen.

Sandra von Klaeden stellt den neuen Kommunalbericht vor. | Foto: Kleinwächter

Für den Kommunalbericht hat der LRH nun zwölf selbstständige Gemeinden näher unter die Lupe genommen – mit einer Einwohnerzahl von 18.000 bis 50.000. Die Haushalte der Jahre 2019 bis 2022 wurden näher untersucht – und zwar in Stade, Alfeld (Kreis Hildesheim), Aurich, Hann. Münden (Kreis Göttingen), Leer, Nordenham (Kreis Wesermarsch), Northeim, Rinteln (Kreis Schaumburg), Schortens (Kreis Friesland), Seevetal (Kreis Harburg), Wallenhorst (Kreis Osnabrück) und Weyhe (Kreis Diepholz). Erklärt wird, dass zu Beginn der Corona-Pandemie 2020 noch Haushaltsüberschüsse verzeichnet wurden und die Handlungsspielräume groß gewesen seien, das habe sich dann aber seit Mitte 2022 spürbar verschlechtert. In neun Gemeinden sei dann ein deutlicher Anstieg der Verschuldung festgestellt worden – in vielen Fällen verknüpft noch mit der Aussage, wegen der angespannten Haushaltslage eigentlich nötige Investitionen verschieben zu wollen. Das liege auch am Fachkräftemangel und daran, dass wegen der Inflation die Rohstoff- und Baupreise gestiegen sind. In mehreren Kommunen habe eigentlich der Neubau der Feuerwehrgerätehäuser und der Umbau der Schulen für den Ganztagsbetrieb angestanden – aber das verzögere sich, außerdem werde mit weiteren Krediten in der mittelfristigen Planung kalkuliert, um diese Projekte dann umzusetzen. Rinteln, Schortens, Wallenhorst und Weyhe hätten Liquiditätskredite zur Überbrückung von fehlenden Einnahmen genutzt, in Alfeld, Aurich und Hann. Münden habe man „strukturelle Liquiditätsprobleme festgestellt“, wird im Bericht erwähnt.

An dieser Stelle fügt der LRH nun eine Mahnung an. Es dürfe nicht sein, dass man Liquiditätskredite nutzt, um dauerhafte Haushaltslücken zu schließen. Der Sinn dieser Kredite sei nämlich, die vorübergehenden Zahlungsschwierigkeiten auszugleichen. „Liegen trotz erheblicher Anstrengungen zur Haushaltskonsolidierung ständige unabweisbare Defizite vor, ist es nach dem Gebot der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung möglich, einen solchen Bedarf in Höhe eines sogenannten Sockelbetrages mittelfristig zu finanzieren“, formulieren die Rechnungsprüfer als Ratschlag an die Kämmerer. Wenn man das machen wolle, brauche man aber entsprechende Richtlinien – und diese seien, wie man bei der Überprüfung feststellte, in den meisten Kommunen veraltet, denn sie basierten auf nicht mehr gültigen Rechtsgrundlagen.

Noch ein Hinweis kommt vom LRH: Intensiv wurden die Kreditverträge der zwölf Kommunen untersucht – und nun warnt der Rechnungshof vor „Klumpenrisiken“, also einer Anhäufung von womöglich bedrohlichen Entwicklungen. Das kann etwa geschehen, wenn mehrere Kreditverträge zum gleichen Zeitpunkt auslaufen und die Anschlussfinanzierung zu diesem Augenblick nur zu schlechten Konditionen möglich sein sollte. Solche Risiken könne man abmildern, indem man mit mehreren Banken Verträge abschließt und nicht nur mit einer. Auch die Laufzeiten von Darlehen sollten unterschiedlich angelegt sein, bei den Zinsbindungsfristen solle man variabel sein. Um den Überblick zu behalten, müsse man regelmäßig über die Kreditverbindlichkeiten und ihren Zeitplan berichten. In Schortens, lobt der LRH, klappt das schon sehr gut, in Weyhe und Rinteln seien auch gute Entwicklungen erkennbar.

Weitere Themen wurden im LRH-Kommunalbericht aufgearbeitet:

  • Aktion gegen Schulschwänzen: Der LRH appelliert an die Kommunen, die Empfehlungen für Sanktionen gegen Schüler, die den Unterricht schwänzen, konsequent umzusetzen. In elf Kommunen mit zusammen 276 Schulen wurde untersucht, inwieweit Bußgeldverfahren angesetzt wurden. Acht Kommunen meldeten, nach fünf oder zehn Fehltagen aktiv zu werden, zwei Kommunen teilten nichts mit. Eine Kommune sei schon nach vier Fehltagen eingeschritten – nach Meinung des LRH war das richtig, denn der Erlass des Kultusministeriums sehe das auch vor. Gelobt wird der Kreis Holzminden, der Schulschwänzer und ihre Eltern ins Amtsgericht vorladen lässt und ihnen die Folgen erklärt – auch der Besuch einer Arrestzelle wird damit verknüpft. Als Sanktion werden Arbeitsdienste auf Friedhöfen, in Tierheimen und Obdachlosenunterkünften vorgesehen. In vier Jahren hatten die untersuchten elf Kommunen 2000 Ordnungswidrigkeitsverfahren jährlich wegen unentschuldigten Fernbleibens vom Unterricht verhängt.
  • Mehr Achtsamkeit bei der Hundesteuer: Der LRH rät den Kommunen, mehr auf die Details der Hundsteuer-Vorgaben zu achten. So dürfe die Steuer nicht verlangt werden, wenn der Hund für betriebliche oder berufliche Zwecke eingesetzt wird – etwa als Wachhund. Über einen Zeitraum von 20 Jahren hätten drei von zehn geprüften Städten die Hundesteuer nicht angepasst. Häufig sei auch den Haltern selbst überlassen worden, ob sie ihre Tiere anmelden. Kontrollen blieben aus. Vier Kommunen hätten besonders niedrige Sätze gehabt – nämlich zwischen 48 und 60 Euro pro Tier und Jahr für den ersten Hund.