Rathausaffäre: Büroleiter sprach OB auf „politische Lösung“ für sich an
Am fünften Prozesstag vor dem Landgericht Hannover zur hannoverschen „Rathausaffäre“ kam der heikle Versuch des früheren Büroleiters Frank Herbert zur Sprache, den Streit um die von ihm geforderte Zulage auf eine landespolitische Bühne zu tragen und Unterstützung für sich zu mobilisieren. Vor Gericht stehen der frühere Oberbürgermeister Stefan Schostok, sein damaliger Büroleiter Frank Herbert und der einstige Personaldezernent Harald Härke. Herbert hatte auf Anweisung von Härke zwischen 2015 und 2017 eine Zulage von insgesamt knapp 50.000 Euro erhalten, die laut Beamtengesetz unzulässig war. Das Gericht wirft den drei Angeklagten vor, von der Rechtswidrigkeit gewusst, aber nicht dagegen eingeschritten zu sein. Als einziger hat Härke sein Fehlverhalten bisher eingeräumt, die anderen beiden Angeklagten nicht.
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Vor Gericht traten jetzt mehrere Rathaus-Mitarbeiter auf, die eng mit Härke und Herbert zusammengearbeitet hatten. Spannend war dabei die Aussage des früheren Rechtsamtsleiters, der vor allem von Herbert als juristischer Berater eingesetzt worden war. Er konnte zwar nicht viel zur Entstehungsgeschichte der Zulage für Herbert berichten, war aber eingebunden, als im Frühjahr 2018 die ersten Hinweise auf die Unregelmäßigkeiten in der Besoldung des Büroleiters durchgesickert sein mussten. In dieser Zeit hatte Herbert ihn in sein Büro bestellt und um rechtlichen Rat gebeten. Es waren Mails und Vermerke im Umlauf, aus denen Details über Herberts Zulage erkennbar waren. Herbert vermutete Härke als denjenigen, der die internen Informationen weitergeleitet hatte – und er fragte den Rechtsamtsleiter, ob es ratsam sei, dagegen mit einer Strafanzeige anzugehen. In diesem Zusammenhang wurde der Zeuge vom Richter auch mit einer Mail konfrontiert, in der sich Herbert am 9. März 2018 ausführlich zu diesen Vorgängen äußert. Empfänger der Mail war Schostok.
Mail offenbart Details über beteiligte Landespolitiker
In dieser Mail werden nun mehrere Details ausgeführt, die bisher nur ansatzweise bekannt sind – und in denen auch Landespolitiker eine Rolle spielen. Bekannt ist bisher, dass CDU-Landtagsfraktionschef Dirk Toepffer Unterlagen über die Zulage zugespielt bekam, die er dann an Ministerpräsident Stephan Weil weiterleitete – dieser wiederum konfrontierte Schostok damit. In der Mail von Herbert wird das nun näher erläutert: Am 1. März 2018 habe Ministerpräsident Weil mit dem OB über das Thema gesprochen, er habe erwähnt, dass Toepffer die Unterlagen von Härke bekommen habe.
Toepffer selbst, schreibt Herbert auch, habe nie gesagt, wer ihm die Informationen übermittelt habe. Am 2. März 2018 dann habe Schostok gemeinsam mit Herbert und weiteren Mitarbeitern über die Frage beraten, ob Herbert wegen der im Umlauf befindlichen Unterlagen Anzeige wegen Geheimnisverrats stellen solle. Am 3. März habe Toepffer mit Schostok gesprochen und erklärt, das Material bereits Ende 2017 erhalten zu haben. Der CDU-Fraktionschef wird in der Mail von Herbert beschuldigt, er habe zu denen gehört, die schlecht über Herbert geredet und seinen Ruf in der Stadtverwaltung somit verletzt hätten.
Herbert könne „zu einem Kohlhaas“ werden
In dieser Mail schreibt Herbert dann von „zwei Lagern“: Die einen hätten ihm geraten, Strafanzeige zu stellen, trotz der womöglich langwierigen juristischen Aufarbeitung. Die anderen hätten davon abgeraten und eine „politische Lösung“ empfohlen. Herbert könne „zu einem Kohlhaas“ werden (also zu einem, der verzweifelt um sein Recht kämpft). Was mit dieser „politischen Lösung“ gemeint ist, wer ihm womöglich einen solchen Hinweis gab und Pläne verfolgte, wird in Herberts Mail nicht erwähnt.
Er verweist zur auf ein Gespräch zwischen Ministerpräsident Weil und dem damaligen SPD-Unterbezirksvorsitzenden Matthias Miersch „am Mittwoch“ (gemeint dürfte der 14. März 2018 gewesen sein). Einige Zeit später soll dann der Rechtsamtsleiter, so berichtet er als Zeuge, auf Bitten von Herbert ein längeres Telefonat mit Schostok geführt haben – es ging wohl auch wieder um die Frage, ob die Stadt nun eine Strafanzeige wegen Geheimnisverrats stellen soll oder nicht.